Personal Shopper
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 19.01.2017
Regisseur: Olivier Assayas
Schauspieler: Kristen Stewart, Lars Eidinger, Sigrid Bouaziz
Entstehungszeitraum: 2016
Land: F / D
Freigabealter: 12
Verleih: Weltkino
Laufzeit: 110 Min.
Die Kleider, die sie rief
Arthaus-Kunst und Hollywood-Glanz zusammenzubringen, ist ein schwieriges Unterfangen. Von David Lynch bis Nicolas Winding Refn wagten bislang nur wenige den Spagat zwischen betörenden Oberflächlichkeiten und hintergründigem intellektuellen Rauschen. Die Gefahr, dass auf dem Weg dorthin beider herausragende Alleinstellungsmerkmale verloren gehen, scheint zu groß. Den abermaligen Beweis dafür tritt Olivier Assayas' wirrer Mode-Gespenster-Mysterythriller "Personal Shopper" an: So lobenswert die Vereinigung von französischem Kino-Appeal und US-Stars auf den ersten Blick scheint, so unausgegoren wirkt die Geschichte um ein Geister-Medium, das zugleich als persönliche Shopping-Assistentin einer High-Society-Modeikone arbeitet. Einzig die wundervolle Kristen Stewart, der sich der Sinn ihrer Hauptfigur allerdings auch nicht zu erschließen scheint, macht das eigenartige Experiment nicht zum Desaster.

Man ist ja offen für alles. Und so wundert man sich auch bei der Geschichte, die sich der französische Filmemacher und langjährige "Cahiers du cinéma"-Redakteur Assayas ausgedacht hat, zunächst nur ein bisschen: Maureen (Kristen Stewart), eine junge hippe US-Amerikanerin, lebt in Paris und verdient ihr Geld damit, der berühmten Modedesignerin Kyra (Nora von Waldstätten) beim Shoppen von ultrateuren Klamotten behilflich zu sein. Anprobieren, einkaufen, zurückbringen, dazu noch die vermessene Art ihrer Chefin - der Job ödet sie an.

Wichtig ist Maureen ohnehin etwas ganz anderes: Sie ist ein Medium. Oder will es gern sein. Das heißt: Sie sieht, hört und beschwört Geister. Deshalb ist sie auch nach Paris gekommen: Ihr Zwillingsbruder starb dort an einer seltenen Herzkrankheit. Folglich plant die junge Frau, ihn zu kontaktieren. Im Haus, in dem er lebte, ereignen sich bald eigenartige Dinge. Ob er es wohl ist, der sie eines Tages mit Textnachrichten bombardiert? Und was hat der Lover (Lars Eidinger) ihrer Arbeitgeberin damit zu tun? Regisseur Assayas, so muss man konstatieren, weiß es wohl selbst nicht.

Gewinnen konnte er für die Rolle der Maureen eine junge Frau, die so langsam auch den letzten Verbindungsfaden zu ihrer "Twilight"-Vergangenheit abtrennt: Kristen Stewart spielt sich im wahrsten Sinne des Wortes verrückt - ein Talent, das sie nach diesem Film wohl nicht mehr zu beweisen braucht. Mit Inbrunst schafft es die 26-Jährige, sich als zugerichtete und zumeist deprimierte Hauptfigur nicht nur durch die von ihr unendlich weit entfernte Luxuswelt ihrer Klientin zu bewegen, sondern sich auch durch einen völlig undurchsichtigen Plot zu spielen.

Die Hälfte des so genannten Thrillers zeigt Frau Stewart, wie sie planlos auf Sofas herumsitzt, durch dunkle Räume wandelt, mittelgruselige Waber-Geister sichtet, vor Geräuschen erschrickt und mit anderen Verwirrten über Gespenster spricht. Die andere Hälfte zeigt, wie sie in Mode-Boutiquen Schuhe, Unterwäsche und Kleider anzieht, manchmal nackt ist und sich selbst befriedigt. Nicht zu vergessen: der wohl langwierigste und -weiligste Handy-Dialog, der je eine Leinwand erblickte.

Irgendwo dazwischen blitzen die beeindruckenderen Momente auf: Die Darstellung des bizarren Luxus-Milieus etwa, in dem sich die abgebrannte junge Frau verdingen muss. Die Widersprüchlichkeiten im Leben Maureens fängt Assayas mit seinem ausgeschmückten Stil tatsächlich ein. Begegnete man dem Film mit größtmöglichem Wohlwollen, könnte man behaupten: Die enorme Verwirrtheit des Drehbuchs spiegelt nur den gespaltenen Charakter Stewarts wider; die Skurrilität des Poltergeist-Modepuppe-Mixes lediglich die groteske Verfasstheit unserer Welt, in der Kapitalismus, Eskapismus und Esoterik völlig problemlos miteinander verwoben werden können.

Nüchterner betrachtet jedoch erreicht "Personal Shopper" die bedrückende Verwirrung eines David Lynch in keinem Moment, und für den Bombast eines Refn, dessen Modezirkus-Abrechnung "Neon Demon" dem Ganzen inhaltlich sehr nahe kommt, fehlt das große ästhetische Feuerwerk. Andererseits: Mit einer Kristen Stewart in der Hauptrolle kann man sich anscheinend alles erlauben. Sie vermag es allein, den "Personal Shopper" vor der völligen Katastrophe zu bewahren.

Von Maximilian Haase

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