Filmbewertung: | ausgezeichnet |
Starttermin: | 04.05.2017 |
Regisseur: | Justine Triet |
Schauspieler: | Virginie Efira, Vincent Lacoste, Melvil Poupaud |
Entstehungszeitraum: | 2016 |
Land: | F |
Freigabealter: | 12 |
Verleih: | Alamode |
Laufzeit: | 96 Min. |
Victoria sieht sehr gut aus, arbeitet als Strafverteidigerin und stampft mit wortgewaltigem Enthusiasmus durchs Leben. Das allerdings bereitet gerade einige unliebsame Überraschungen für die alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern vor. Wobei Victoria nicht unschuldig an der existenziellen Krise ist, die sich anbahnt. Sie kann nicht nein sagen kann und schafft es nicht, Privates und Berufliches zu trennen.
So übernimmt sie wider besseres Wissen den Fall von Vincent (Melvil Poupaud): Dessen Ex bezichtigt ihn, sie mit einem Messer angegriffen zu haben. Das Problem dabei: Vincent ist ein guter Freund. Das macht Victoria angreifbar. Auch ihr Ex-Mann, der sie in seinem Blog mit zweitklassigen literarischen Versuchen diskreditiert, zieht ihr den Boden unter den Füßen weg.
Und dann weigert sich Victoria auch noch sehr lange, Hilfe von dem einzigen Mann anzunehmen, der es gut mit ihr meint. Sam (Vincent Lacoste), ihrem ehemaligen Mandanten, vertraut sie zwar die Aufsicht ihrer Kinder an. Dass der junge Mann aber als einziger Mensch in Victorias Umfeld ihren Emotionsakku nicht aussaugt, sondern ihn aufladen kann, bekommt sie nicht mit, weil Victoria nur damit beschäftigt ist, Probleme zu lösen, indem sie sie einfach in den nächsten Tag schiebt. So etwas kann das Leben unnötig kompliziert machen, so kompliziert, dass weder der Psychologe noch Wahrsagerin helfen können.
Die große Krise ist unausweichlich, Victorias Absturz eine logische Folge ihrer selbstverschuldeten Überforderung. Filmemacherin Justine Triet beobachtet Victoria dabei in einer zärtlichen Inszenierung mit viel Empathie. Die kluge Montage vermittelt das Gefühl der Überlastung, dem sich Victoria immer mehr ausgesetzt sieht. Alles passiert scheinbar gleichzeitig, und das ist etwas, das man sehr gut nachvollziehen kann.
In ihrer erzählerischen Eleganz lässt Triet dabei genug Raum für Alltagskomik und Albernheiten, die ihrem Film etwas Unmittelbares geben, etwas Echtes. Etwa wenn das Gericht allen Ernstes einen Dalmatiner in den Zeugenstand ruft, um anhand des Schwanzwedelverhaltens festzustellen, ob Vincent schuldig ist. "Ich habe so selten einen Moment der Ruhe", gibt Victoria am Ende von 90 bemerkenswerten Filmminuten zu. Die zwischenzeitliche Verwahrlosung ist ihre Chance, ihr Leben neu zu kalibrieren.
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