Beuys
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 18.05.2017
Regisseur: Andres Veiel
Schauspieler: Joseph Beuys
Entstehungszeitraum: 2017
Land: D
Freigabealter: 0
Verleih: Piffl
Laufzeit: 107 Min.
Sich Verschleißen mit einem Lachen
Schlicht "Beuys" hat Andres Veiel seine Dokumentation genannt - frei für Assoziationen je nach Alter, Bildung und Interessen. Im Jahr 2017 gehört der 1986 gestorbene Künstler Joseph Beuys für viele lediglich zum Kanon der Bildenden Kunst des 20. Jahrhundert. War das nicht der, mit der vom Hausmeister in der Kunstakademie entfernten "Fettecke"? Andres Veiel sagt von sich selbst, er sei von Beuys in den späten 70er-Jahren geprägt worden. Seitdem habe die Auseinandersetzung mit Beuys ihn begleitet. Diese offen ausgestellte Nähe zu Beuys bestimmt Veiels kunstvoll montierten Film, mit dem er dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, den Künstler auch hinsichtlich seiner heutigen Relevanz neu- oder wiederzuentdecken.

Joseph Beuys, wahlweise als Schamane, Harlekin und Fettclown verunglimpft, provozierte nicht nur durch seine Werke, sondern auch durch sein Denken. Irgendwie war er seiner Zeit voraus. Schon vor 30 Jahren identifizierte er Geld, das zur Ware wird und als solche gehandelt wird, als ein Übel, das der Gesellschaft Schaden zufügen werde. Kunst, wie er sie verstand, habe die Kraft, um in die gesellschaftlichen Prozesse einzugreifen. Die Aufnahmen in dieser Doku zeigen, wie leidenschaftlich er auf unzähligen Veranstaltungen für seinen erweiterten Kunstbegriff warb. Demnach sei jeder Mensch ein Künstler und habe das Potential zur gemeinschaftlichen Gestaltung des sozialen Miteinanders.

Bei seinen Auftritten war Beuys laut, provozierend, und er hatte ein markantes Lachen, das einem auch nach dem Film nicht so schnell aus dem Kopf geht. Wo Joseph Beuys auftauchte, polarisierte er - und lachte dabei. Er lachte mit den Leuten, die ihn angriffen und für verrückt erklärten. Denn, so sagte er, was wäre eine Revolution ohne Lachen? Beuys hielt nichts zurück und katapultierte seine Ansichten in die Menge. Das Hinhören dabei lohnt sich. Beuys reagierte gelassen auf verbale Angriffe: "Ist doch gar nicht schlimm, wenn die Leute aggressiv werden. Lass' sie doch ruhig aggressiv werden. Da kommt man wenigstens mit den Leuten ins Gespräch."

Dieser Film birgt einen wunderbaren Zitatenschatz. "Wer will schon sterben, wenn er noch gut ist?", sagt Beuys einmal, angesprochen auf seine Unermüdlichkeit und auch Kraftvergeudung. Möglich wird das durch die Form, die Veiel für seine Doku gewählt hat, welche auf der Berlinale Premiere feierte. Zunächst sah es danach aus, dass "Beuys" eine konventionelle Künstler-Biographie werden würde. Im Schneideraum mischten Veiel und die beiden Editoren Stephan Krumbiegel und Olaf Voigtländer Archivmaterial mit Aufnahmen von 20 Zeitzeugeninterviews, um eine stringente biographische Erzählung zu schaffen. Doch das war nicht der Film, den Veiel wollte.

Er entschied sich - bei Inkaufnahme einer schlechteren Qualität der Bilder - für die Verwendung von 90 Prozent Originalaufnahmen, die er viele 100 Stunden gesichtet hatte. Diese fügte das Team assoziativ zusammen, auch mit vielen Fotos. Jene wurden zu zentralen Elementen, ergänzt mit Beuys' eigenen präzisen, aber auch kryptischen Beschreibungen des Werks und seiner Absichten. So entstand ein Film, der wie ein Selbstzeugnis wirkt und dabei widersprüchlich und zum Teil rätselhaft bleibt. Dieses Vorgehen verleiht aber auch eine erzählerische Stärke, die sich aus der Faszination und Überzeugungskraft des Charakters Beuys speist. Deutlich zeigt sich, dass er als Persönlichkeit einmalig war. Und so ist der Film doch auch eine Hommage geworden, an einen Typ Mensch, den man gerne heute wieder sehen würde.

Von Diemuth Schmidt

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