Girls' Night Out
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 29.06.2017
Regisseur: Lucia Aniello
Schauspieler: Scarlett Johansson, Kate McKinnon, Zoë Kravitz
Entstehungszeitraum: 2017
Land: USA
Freigabealter: 12
Verleih: Sony
Laufzeit: 101 Min.
Ganz schön kultig
Den jungen Mann töten, ihm die Adern öffnen und das Blut über die Felder verspritzen, damit alles schön wächst: So krass soll es nach Auffassung einiger Menschenkundler und Archäologen in Matriarchatskulten zugegangen sein. Dagegen nimmt sich "Girls' Night Out" mit Scarlett Johansson fast noch harmlos aus. Den archaischen Kult streift die rabenschwarze und schlüpfrig schillernde Situationskomödie trotzdem mehr als einmal. Folgerichtig wird darin besungen, was für einen besonderen Reiz das hat, gemeinsam mit Freundinnen ein Mann zu töten. Die älteren Herren, die das anhören müssen, weinen erschüttert. Das Publikum ist jedoch so emanzipiert und schon so weit in den Sog dieses frechen und schön turbulenten Films geraten, dass es herzhaft weiterlacht. Ein ziemlich enthemmendes Erlebnis lockt hier.

Es gehört zum Kalkül von Regisseurin und Autorin Lucia Aniello, dass es danach zunächst nicht aussieht. Gewiss, 2006, zu ihrer Studentenzeit, hat Jessica (Scarlett Johansson) mit ihren WG-Genossinnen regelmäßig über die Stränge geschlagen. Aber zehn Jahre später, mit ihrem kurzgeschnittenen Haar, im strengen Kostüm und züchtigen Pullovern ist Jessica die Ernsthaftigkeit in Person. Schließlich kandidiert sie ja für einen Sitz im amerikanischen Senat. Aber die Umfragewerte im Rennen gegen einen sexistischen Macho sind schlecht, und vor lauter Kampagnenarbeit läuft mit Ehemann in spe Peter (Paul W. Downs) erotisch kaum noch was.

Die Junggesellinnen-Abschiedsfeier, die Alice (Jillian Bell) für sie geplant hat, ist da willkommene und unbequeme Abwechslung in einem. Mit enthusiastischen "Jihihihi"-Rufen fallen sich die Freundinnen von einst routiniert in die Arme. Aber unter der Oberfläche brodelt es kräftig.

Managerin Blair (Zoë Kravitz) liegt im Sorgerechtsstreit mit ihrem Mann. Die arbeitslose Aktivistin Frankie (Ilana Glazer) ist immer noch in sie verliebt. Alice wird auf Jessicas australische Freundin Pippa (Kate McKinnon) eifersüchtig, die in Miami zu ihnen stößt, wo die Sause abgehen soll. Erst ziehen die Mädels koksend durch die Clubs, dann geht es weiter in dem Haus am Strand, das Jessica angemietet hat. Als ein junger Mann klingelt, halten sie ihn für den bestellten Stripper. Das Getändel mit ihm verläuft unglücklich, er knallt auf den Hinterkopf, blutet stark, ist tot. Nach dem ersten Schreck ist klar: Niemand will Ärger mit dem Gesetz, die Leiche muss weg.

"Girls' Night Out" spielt die Ausgangslage von Peter Bergs "Very Bad Things" noch einmal durch, aber mit Frauenbesetzung, wesentlich optimistischer und weitgehend konzentriert auf einen Schauplatz. Mit dem Mut zur Farce, aber ohne die Strahlkraft der unterschiedlichen Charaktere und ihre verwickelten Beziehungen zueinander aus dem Blick zu verlieren, zelebriert der Film eine bizarre Obsession der Frauen mit der männlichen Leiche: Sie begutachten sie und richten sie her, sie wollen sie entsorgen, und sie klebt doch wie Kaugummi an ihnen.

Der zu Tode Gekommene bleibt nicht der Einzige, der an der Tür klingelt, und jedes Mal gewinnt die Situation auf ebenso amüsante wie konsequente Art an Verrücktheit. Bald geht es nicht nur um ein Leben in Freiheit, sondern ums Leben selbst. Dafür müssen die Freundinnen fremde Frauen verwöhnen, riskant schießen - und einander voll vertrauen. Wunderbar zwercherfellerschütternde und gleichwohl anrührende rituelle Prüfungen sind das, die einen alten Bund erneuern.

Von Andreas Günther

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