Axolotl Overkill
Filmbewertung: Zeitverschwendung
Starttermin: 29.06.2017
Regisseur: Helene Hegemann
Schauspieler: Jasna Fritzi Bauer, Arly Jover, Mavie Hörbiger
Entstehungszeitraum: 2017
Land: D
Freigabealter: 12
Verleih: Constantin
Laufzeit: 94 Min.
Cineastische Dauerlarve
Als 2010 der Coming-of-Age-Roman "Axolotl Roadkill" erschien, sprachen die Sachverständigen der deutschen Literatur von einer Sensation. Helene Hegemann, die mit 18 Jahren blutjunge Autorin, wurde zum Ausnahmetalent deklariert. Später tauchten Plagiats-Vorwürfe auf, weil Hegemann angeblich Textpassagen anderer Schreiber übernommen hatte, ohne diese kenntlich zu machen. Ein Skandal, der ihrem Erfolg aber keinen Abbruch tat. Die frühreife, eloquente Dichterin avancierte zur Stimme ihrer Generation. Nun hat sie den Stoff, den ihrer Meinung nach keiner richtig verstanden hatte, unter dem Titel "Axolotls Overkill" selbst fürs Kino inszeniert.

Die große Suchende ist die 16-jährige Mifti (Jasna Fritzi Bauer), die keinen Bock auf Schule hat und überhaupt auf gesellschaftliche Regeln. Nach dem Tod ihrer Mutter, der nicht weiter eine Rolle spielt, wohnt sie mit ihren beiden Halbgeschwistern Anika (Laura Tonke) und Edmond (Julius Feldmeier) in einer Berliner WG. Der Vater ist längst weitergezogen und lebt mit seiner neuen Frau in einem schicken Betonhaus, seiner erzieherischen Verantwortung hat er sich eh nie gestellt.

So fühlt sich Null-Bock-Mifti ziemlich allein gelassen, nichts und niemand gibt ihr Halt. Außerdem ist sie unglücklich verliebt - in eine schöne, geheimnisvolle Frau namens Alice (Arly Jover), die nach einer heißen Affäre allerdings kein Interesse mehr an dem Teenager hat. Also stürzt sich Mifti mit ihrer Freundin Ophelia (Mavie Hörbiger) ins Nachtleben, ohne Sinn und mit mäßigem Verstand, aber immer zuverlässig mit der Kippe oder Pulle in der Hand. Dabei liefert sie aus purer Provokation Sätze ab wie "Vielleicht sollte ich mal richtig vergewaltigt werden."

Ja, "Axolotol Overkill", dessen Titel sich bekanntlich auf einen mexikanischen Schwanzlurch bezieht, der ewig eine Larve bleibt, erzählt die Geschichte einer komplexen Suche - der nach sich selbst, nach Liebe und nach Daseinssinn. Dass das für einen heranwachsenden Menschen, der kein stabiles Umfeld hat, alles andere als einfach ist, ist klar. Mifti, grandios verkörpert von einer rotzigen Jasna Fritzi Bauer, überspielt ihre Hilflosigkeit mit rebellischer Aggression. Sie taumelt, stampft, argwöhnt durch die diffuse Handlung, dass es keine Lust ist, vielmehr überträgt sich ihr Frust auf den Zuschauer. Wohl gewollt: Die Schauspieler attestierten ihrer Regisseurin Helene Hegemann, die mit dem Film ihr Spielfilmdebüt gibt, dass sie am Set genau wusste, was sie wollte und will.

Offensichtlich schert sie sich dabei einen Teufel um Konventionen und traditionelle Erzählweisen. Aber auch eine raffinierte Dramaturgie, mit der die Handlung erst allmählich einen Sinn ergibt, ist Hegemanns Sache nicht. Stattdessen reiht sie scheinbar wahllos elliptische Szenen und Impressionen aneinander, atmosphärische Momentaufnahmen mit teilweise bizarren, manierierten Dialogen. Alles wird hier diskutiert, befeuert von schrägen Ansichten, und die Gespräche am Familientisch enden gern mit wütend hinausgeschrienen "Fuck you"s.

Für den Zuschauer ist dieses angestrengt Unkonventionelle über weite Teile eine Zumutung und furchtbar auslaugend. Und ja, wir haben verstanden, dass Miftis Verhalten nur ein filmisch inszenierter Schrei nach Liebe ist. Bemerkenswert ist die Arbeit der Schauspieler und die Kameraarbeit des Belgiers Manuel Dacosse, der auf dem Sundance Filmfest Anfang des Jahres mit dem "Special Jury Award for Cinematography" ausgezeichnet wurde.

Es wird sicher Leute geben, die "Axolotol Overkill" ziemlich cool finden. Das ist durchaus legitim. Es gab ja auch welche, die von Charlottes Roches unappetitlichen "Feuchtgebieten" zutiefst angetan waren. Auch das war, sorry, ein absoluter Overkill.

Von Heidi Reutter

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