Lucky Loser - Ein Sommer in der Bredouille
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 10.08.2017
Regisseur: Nico Sommer
Schauspieler: Peter Trabner, Annette Frier, Emma Bading
Entstehungszeitraum: 2017
Land: D
Freigabealter: 0
Verleih: Farbfilm
Laufzeit: 94 Min.
Spielwiese Leben
Die Studis, denen der windige Vermieter die Wohnung von Mike (Peter Trabner) zeigt, während er gemütlich auf seiner Couch sitzt, sind weit mehr als nur Vorboten dessen, was kommen wird. Wenig später findet sich Mikes kompletter Hausstand auf der Straße wieder - und er selbst sich auch. Mike scheint ganz unten angekommen, nicht mal Achim (Andreas Hoppe), für den er in dessen Waschanlage seit Jahren treu schuftet, kann ihm aus der Patsche helfen. Ein alter, ziemlich runtergerockter Wohnwagen ist das Einzige, was er ihm als Bleibe anbietet. Der Titel "Lucky Loser" lässt es zwar erwarten, doch Nico Sommer erzählt mit seinem neuesten Film, der auf dem Filmfest München Premiere feierte, aber keine Versagergeschichte und kein Sozialdrama - sondern eine Familienkomödie.

Obwohl das Leben für Mike nicht gerade rosig ist, trägt der Verlierer keinen Groll in sich. Im Gegenteil: Er kümmert sich in der Waschanlage sorgfältig um die Autos, versteht sich mit seinem Chef und lässt sich so gar nicht abhängen. Zieht er mit seiner Tochter Hannah (Emma Bading) über den Rummel, albern die beiden so sehr um die Wette, dass nicht klar ist, wer von beiden auf wen aufpasst.

Daran erinnert ihn allerdings immer wieder seine Ex-Frau Claudia (Annette Frier). Die hat die Faxen dicke von dem Typen, der sich geradezu renitent weigert, ein verantwortungsbewusstes Mitglied der Gesellschaft zu sein oder wenigstens ein verlässlicher Ex-Partner und Vater. Längst lebt sie mit Thomas (Kai Wiesinger), ihrem "Neuen", in dem Haus, das sie einst als Familie bewohnten. Bis Claudia vor neun Jahren eine Beziehungspause - keine Trennung, darauf legt Mike wert - einlegen wollte.

Es trifft sich alles andere als optimal, dass Hannah gegen das strenge Regiment von Mutter und Stiefvater rebellieren und nun zu ihrem Vater ziehen will, mit dem sie so viel Spaß hat und der sie über alles verehrt. Hätte Mike eine Bleibe, er würde sie nur zu gerne mit Hannah teilen. Ihm bleibt nur eins: Improvisation. Kurzerhand bringt er den geborgten Wohnwagen auf Vordermann und beschließt, die Ferien gemeinsam mit Hannah auf dem Campingplatz zu verbringen. Auf eben jenem Campingplatz, wo ihm einst Claudia die "Beziehungspause" verkündete.

Improvisation - dafür steht nicht nur Mike im Film, sondern ganz generell das Duo Nico Sommer und Peter Trabner. Trabner ist das Gesicht des German Mumblecore: Kaum ein Schauspieler steht für diese von den Improvisationskünsten seiner Akteure getriebene Stilrichtung, die sich anfangs komplett abseits der deutschen Förderwege etablierte. Trabner übernahm seit seinem 2010er Spielfilmdebüt in "Papa Gold" (von Tom Lass) immer wieder prägnante Figuren, etwa in Axel Ranischs warmherzigen Komödien "Dicke Mädchen" und "Alki Alki". Oder eben in Nico Sommers Langfilmen "Silvi" (2013) und "Familienfieber" (2014). Mit Sommers drittem Werk "Lucky Loser" veränderte sich eine ganz entscheidende Variable der Filmproduktion: Mit dem ZDF holte Sommer einen Sender und Förderer ins Boot.

Mit den wenigen Seiten Handlungsanweisungen, mit denen er sonst seine Darsteller für die Stoffe seiner No-Budget-Produktionen begeisterte, begnügt sich kein Sender. Erstmals verfasste der Regisseur ein klassisches Drehbuch und wagte sich in das Hamsterrad deutscher Filmproduktionen. Er büßte mit diesem klassischen Verfahren Freiräume ein - für sein Wirken und für das seiner Darsteller. Interessant zu beobachten, wie gut die kleinen "Impro-Inseln", die man sich behielt, im Film funktionieren und für Höhepunkte in der insgesamt gelungen Komödie sorgen. Köstlich zu bestaunen, wie Trabners Mike einen kahlgeschorenen Provinz-Nazi zur Schnecke macht.

Als "Lucky Loser" bezeichnet der Sport die Glücklichen, die im Turnier weiterkommen, obwohl sie eigentlich sportlich ausgeschieden wären. Ein Bild, das zu Mike hervorragend passt. Es lohnt, ihm beim Spielen zuzusehen!

Von Denis Demmerle

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