Brimstone
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 30.11.2017
Regisseur: Martin Koolhoven
Schauspieler: Dakota Fanning, Guy Pearce, Carice Van Houten
Entstehungszeitraum: 2017
Land: NL / F / D / B / GB / S
Freigabealter: 16
Verleih: Koch Films
Laufzeit: 149 Min.
Das Grauen der Vergangenheit
Der Western ist tot! Lang lebe der Western! Schon oft wurde ein Abgesang auf das uramerikanischste Genre angestimmt. Und doch will der Western nicht vollends von der Bildfläche verschwinden. Gigantomanische Projekte wie die Actionsause "Lone Ranger" oder ernstere Werke wie "True Grit" und "In a Valley of Violence" zeugen vom nach wie vor lebendigen Interesse an der Ikonografie und den Erzählmustern des Western. Auch der Niederländer Martin Koolhoven ("Mein Kriegswinter") stößt mit seiner neuen Regiearbeit "Brimstone", einer internationalen Koproduktion, die unter anderem in Deutschland und Spanien gedreht wurde, in die gewaltsame US-Geschichte vor. Er bemüht sich dabei um eine weibliche Perspektive.

Im Mittelpunkt seiner in vier Abschnitte unterteilten, nicht chronologisch angelegten Geschichte steht die stumme Hebamme Liz (Dakota Fanning), die Ende des 19. Jahrhunderts mit ihrem Mann (William Houston), ihrer Tochter (Ivy Georgeg) und ihrem Stiefsohn (Jack Hollington) ein einfaches Leben irgendwo im amerikanischen Westen führt. Aus den Fugen gerät ihre beschauliche Welt, als in ihrem Ort ein neuer Prediger (Guy Pearce) auftaucht, den die junge Frau aus ihrer Vergangenheit kennt. Nach der brutalen Ermordung ihres Gatten nimmt Liz Reißaus, begreift aber mit der Zeit, dass sie sich ihrem Verfolger stellen muss, will sie das Grauen ein für alle Mal beenden.

Schon im ersten Kapitel, das mit der Überschrift "Offenbarung" versehen ist, kreuzt Koolhoven Western-Motive mit Elementen des Horrorfilms. Farblich entsättigte Bilder zeigen einen rauen Alltag, der durch die Ankunft des Priesters im wahrsten Sinne des Wortes verdunkelt wird. Von Anfang an zeichnet "Brimstone" den Mann Gottes mit seiner auffälligen Narbe als eine dämonische, unheimliche Präsenz, die ebenso gut aus einem Schauerstreifen stammen könnte und von Guy Pearce mit einer furchteinflößenden Kaltblütigkeit verkörpert wird.

Mit jedem neuen religiös aufgeladenen Kapitel entblättert der niederländische Regisseur eine weitere Facette des Leidensweges seiner Protagonistin und enthüllt das Wirken eines sadistischen, brutalen Patriarchen. Eines Mannes, der die Bibel stets in seinem Sinne auslegt und Frauen systematisch quält und drangsaliert. Eine feministische Grundhaltung schimmert in der grimmigen Erzählung fraglos durch. Rundum überzeugend ist sie jedoch nicht, da Koolhoven in seiner Inszenierung mehr als einmal sehr dick aufträgt und Gewaltexzesse beinahe genüsslich illustriert. Manche Splatter-Einlagen mögen die Grausamkeit des Predigers unterstreichen, wirken aber selbstzweckhaft.

Nebenfiguren wie ein von Kit Harington gespielter Bandit sind in erster Linie dramaturgische Funktionsträger ohne eigenen Entfaltungsraum. Im Zentrum steht der Konflikt zwischen Liz und dem teuflischen Prediger, den das von Koolhoven verfasste Drehbuch gegen Ende erwartungsgemäß zuspitzt. Schaurig-atmosphärische Bilder inmitten eines unübersichtlichen Schneegestöbers werden dabei von trashigen Horrorimpressionen abgelöst, die das Geschehen leider ins unfreiwillig Komische abgleiten lassen. Bei aller Liebe für deftige, nervenaufreibende Westernkost hätte es hier und an einigen anderen Stellen etwas differenzierter zugehen können. So, wie sich "Brimstone" letztlich präsentiert, wirkt der auch im Prolog und im Epilog deutlich beschworene Emanzipationsgedanke dann doch ein wenig behauptet.

Von Christopher Diekhaus

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