"The Kindness of Strangers - Kleine Wunder unter Fremden"
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 12.12.2019
Regisseur: Lone Scherfig
Schauspieler: Zoe Kazan, Andrea Riseborough, Bill Nighy
Entstehungszeitraum: 2018
Land: DK/CDN/S/F/D
Freigabealter: 12
Verleih: Alamode Film
Laufzeit: 115 Min.
Gute Menschen unter einem Dach
"The Kindness of Strangers - Kleine Wunder unter Freunden" wirkt, als wäre der Film extra für die Adventszeit inszeniert. Das Werk der dänischen Regisseurin Lone Scherfig, das die diesjährige Berlinale eröffnen durfte, beschwört Nächstenliebe und Barmherzigkeit in der kalten, abweisenden Stadt New York. Dafür versammelt Scherfig eine Handvoll Figuren auf der Leinwand, die alle mit ihren ganz eigenen Problemen klarkommen müssen. Einfacher wird das, wenn einem ein Fremder oder eine Fremde dabei die Hand reicht. Mit Menschlichkeit und Freundlichkeit wird die Welt zu einem besseren Ort - zumindest in Scherfigs weichgezeichnetem Großstadtmärchen.

Düster fängt der Film aber erst einmal an. Clara (Zoe Kazan) schleicht früh am Morgen durch die Wohnung, um leise im Kinderzimmer nebenan ihre beiden Söhne zu wecken. Mit wenigen Habseligkeiten steigen die drei ins Auto und fahren schnell los, weit weg von Claras Mann, der sie jahrelang misshandelt hat. Als er auch den Jungen gegenüber gewalttätig wird, beschließt die junge Mutter, mit den Kindern zu fliehen und in der Anonymität New Yorks einen Neuanfang zu wagen.

Doch ohne Geld und Kreditkarte in der Tasche und nur mit einem Autodach über dem Kopf droht den Dreien bald die Obdachlosigkeit. Das Wohl ihrer Kinder geht für Clara über alles, und so schleicht sie sich auf eine Party in einem pompösen russischen Restaurant, um Essen zu stehlen. Hier begegnet sie dem Ex-Häftling Marc (Tahar Rahim), der gerade in Timofeys (herrlich schrullig: Bill Nighy) "Winter Palace" eine zweite Chance als Manager bekommen hat. Er gewährt ihr und den Kindern erst einmal Unterschlupf.

Wir haben uns alle lieb!

Der "Winter Palace" mit seinem Orchester wirkt nicht nur altmodisch und heimelig, hier werden auch noch Werte wie Freundlichkeit und Mitgefühl gelebt. Deshalb fühlt sich auch die Krankenschwester Alice (Andrea Riseborough) als Gast hier so wohl. Ihre Selbstlosigkeit wiederum nutzt dem schusseligen jungen Jeff (Caleb Landry Jones), der bisher noch jeden Job vermasselt hat. Zu den Menschen, deren Wege sich im "Winter Palace" kreuzen und die auch für Clara wichtig werden, gehört John Peter (Jay Baruchel), ein von Frauen überforderter und ständig überarbeiteter Strafverteidiger. Über ihr Interesse aneinander und die Freundlichkeit, mit der sich die Figuren begegnen, entsteht ein dramaturgisches Geflecht, das verbindet und schicksalshafte Wendungen zum Guten einleitet. Bis es soweit ist, holt Clara aber noch einmal ihre Vergangenheit ein.

Es menschelt sehr in "The Kindness of Strangers", und selbst wenn man den Zyniker in sich unter einer warmen Kuscheldecke zu verstecken versucht, muss man doch festhalten: Mit konstruierten Figuren wie der über die Maßen selbstlosen Krankenschwester Alice übertreibt es Regisseurin Lone Scherfig dann doch ganz gewaltig. Dabei beginnt Claras Story so stark. Es ist interessant zu beobachten, wie sie jahrelang in Abhängigkeit und Unselbstständigkeit gefangen war und sich nun nach ihrer Flucht in der großen Stadt schlägt und welche Träume sie hat. Diese Entwicklung wird von Zoe Kazan perfekt herausgearbeitet. An Claras Situation zeigt sich auch, wie die USA ihre Bürger in Not allein lassen. Auf der anderen Seite gibt es das auf Wohltätigkeit stolze Amerika, in dem man sich als Bürger umeinander kümmert. Dieses Spannungsfeld stellt Scherfig durchaus bewegend dar.

Verzweifelte Menschen, unglaubliche Zufälle und ein Happy End bestimmten schon ihren Film "Italienisch für Anfänger" (2000), mit dem sie als Teil der Dogma-Bewegung das Publikum sogar zum Lachen brachte. Ein paar der alten Dogma-Regeln, nach denen weniger mehr ist, hätten aber auch "The Kindness of Strangers" gutgetan und die wichtige Botschaft des Films weniger Zucker-verklebt in unser Herz getragen.

Von Diemuth Schmidt

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