"Weißer weißer Tag"
Filmbewertung: ausgezeichnet
Starttermin: 20.02.2020
Regisseur: Hylnur Pálmason
Schauspieler: Ingvar E. Sigurðsson, Ída Mekkín Hlynsdóttir, Hilmir Snær Guðnason
Entstehungszeitraum: 2019
Land: IS
Freigabealter: 12
Verleih: Arsenal Filmverleih GmbH
Laufzeit: 104 Min.
Deine Vergangenheit ist meine Zukunft
Der isländische Film "Weißer weißer Tag" beginnt geheimnisvoll. "An den Tagen, an denen alles weiß ist und es keinen Unterschied mehr zwischen Himmel und Erde gibt", ist auf einer Texttafel zu lesen, "sprechen die Toten mit uns, die wir noch leben". Dann folgt die Kamera einem Auto, einem Kleinwagen, der eine nebelverhangenen Straße entlang hetzt, unruhig und scheinbar in Eile. Der dichte Nebel hüllt alles in ein gespenstisches Weiß, undurchdringlich und voll von verborgenen Gefahren. Das Auto kracht schließlich durch eine Leitplanke, verschwindet im Nirgendwo. Einige Zeit später: zwei Gebäude, die vielleicht einst der Landwirtschaft dienten, auf einem verlassenen Stückchen Erde, irgendwo in Island. Minutenlang verharrt die Kamera auf der trostlosen Szenerie, zeigt den Wechsel der Tages- und der Jahreszeiten.

Irgendwann lernt man dann, dass ein älterer Mann hier lebt. Ingimundur heißt er, er ist, wie so oft in isländischen Filmen, ein schweigsamer, störrischer Einsiedler. Er sei Mann, Vater, Großvater, Polizist und Witwer, sagt er zu seinem Therapeuten, zu dem nur widerwillig geht. In dem Auto, das zu Beginn des Films im Nebel verschwunden war, saß offenbar Ingimundurs Frau. Lichtblick im Leben des von Ingvar Sigurdsson herausragende verkörperten Mannes ist seine achtjährige Enkelin Salka (Ída Mekkín Hlynsdóttir). Wenn sie bei ihm ist, lächelt Ingimundur. Für Salka und ihre Eltern renoviert er das Haus, in dem er momentan lebt. Es ist wohl eine Art von Trauerarbeit, der Ingimundur hier nachgeht.

Im Hellen lauert die Düsternis

In "Weißer weißer Tag", dem zweiten Langfilm von Hlynur Palmason, passiert nicht viel, aber doch immer genug, um eine bedrückende, beklemmende Atmosphäre aufzubauen. Der Film nimmt sich viel Zeit, um seinen Protagonisten im Alltag zu beobachten, zeigt, wie Ingimundurs Haus langsam zu einem Zuhause wird, wie er mit seiner Enkelin herumalbert, mit ihr zum Angeln aufs Meer hinausfährt. Über allem aber liegen eine Schwere und eine Dunkelheit, die sich im Gesicht von Hauptdarsteller Sigurdsson ("Engel des Universums", "Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen") spiegeln. Dass der schweigsame Mann seine Trauer mitnichten verarbeitet hat, wird deutlich, als er eine Entdeckung macht, die für ihn alles ändert, Gegenwart und Vergangenheit gleichermaßen. Auf einmal wird er aus der Bahn geworfen, auf der er nach dem Tod seiner Frau seine Runden zog. Und "Weißer weißer Tag" wird zu einem Rachethriller, wenn auch einem meist leisen.

Fast geräuschlos verhandelt der Film nun auch die Frage, wie man auf die eigene Vergangenheit blickt, wenn man Dinge über das Geschehene erfährt, die man bislang nicht wusste, ja nicht einmal für möglich hielt. Das Zurückliegende, die eigene Geschichte, die für Ingimundur bislang als unverrückbar erschien, ist mit einem Mal eine ganz andere. Kamerafrau Maria von Hausswolff findet dafür bedrückende Bilder und in der Helligkeit des weißen isländischen Nebels eine beklemmende Düsternis. "Ich bin manchmal ein echtes Monster", sagt Ingimundur ganz zum Schluss des Films, und dann beginnt auch er, die Zeit zu verändern - diesmal allerdings die Zukunft.

Von Sven Hauberg

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