Zusammentreffen schwarzer Giganten
Natürlich wird 2020 als jenes Jahr in die Kinogeschichte eingehen, in denen die Filmtheater weltweit immer wieder schließen mussten und ein Film nach dem anderen verschoben wurde. 2020 wird aber auch als Jahr der "Black Lives Matter"-Proteste in Erinnerung bleiben, die schließlich aufs Kino ausstrahlten. Stoffe, die von schwarzen Schicksalen erzählen, wie Alexander McQueens gefeierte Miniserie "Small Axe", stehen für ein neues Selbstbewusstsein nicht-weißer Filmschaffender. Und auch die Oscar-Academy, nicht unbedingt ein Hort progressiven Denkens, verpasste sich 2020 neue Diversitätsregeln. Filme, in denen - vereinfacht ausgedrückt - nur noch weiße Männer tragende Rollen spielen, haben keine Chance mehr auf den Oscar als bester Film.

"One Night in Miami", das Regiedebüt von Schauspielerin Regina King ("If Beale Street Could Talk"), versammelt nun vier noch weitgehend unbekannte, aber fantastische schwarze Schauspieler vor der Kamera, um vier schwarze Legenden zu spielen. Der Film, den Amazon Prime Video am 15. Januar ins Programm nimmt, spielt - der Titel verrät es - in nur einer Nacht. An jenem 25. Februar 1964 hatte der 22-jährige Cassius Clay (Eli Goree) in Miami die Weltmeisterschaft im Schwergewicht gewonnen. Der junge Mann ist noch voller Adrenalin, als er in dem heruntergekommenem Hotelzimmer ankommt, in dem sein guter Freund wohnt, der Bürgerrechtler Malcolm X (Kingsley Ben-Adir). Ebenfalls in der Stadt und bald auch im Hotelzimmer in dieser geschichtsträchtigen Nacht sind der Musiker Sam Cooke (Leslie Odom Jr.), ein unter Strom stehender, auf Krawall gebürsteter junger Mann, und die schweigsame, in sich gekehrte Football-Legende Jim Brown (Aldis Hodge).

Faszinierendes Kammerspiel

Regisseurin King macht aus diesem historisch verbürgten Zusammentreffen ein faszinierendes Kammerspiel. Entsprechend wird unglaublich viel geredet in den rund 110 Filmminuten. Cassius Clay will vor allem seinen Sieg feiern, Malcolm X hingegen will mit ihm über seine geplante Konversion zum Islam sprechen und den neuen Namen, den Clay annehmen soll: Muhammad Ali. Es geht um die Bürgerrechte, die die weißen USA ihren schwarzen Mitmenschen verweigern und um die Rollen, in die schwarze Amerikaner gedrängt werden. Sam Cooke interessiert das alles herzlich wenig, er will Musik hören und Frauen treffen. Am Ende des Films aber singt er "A Change Is Gonna Come".

Dass das alles nicht zu einem trockenen Stück Geschichtsunterricht verkommt, ist natürlich den fantastischen, äußerst charismatischen Darstellern zu verdanken. Aus den vier historischen Persönlichkeiten machen sie Menschen aus Fleisch und Blut, mit Stärken und Schwächen und Eigenheiten. Mit viel Einfühlungsvermögen inszeniert Regisseurin King ihre auf einem Theaterstück basierende Geschichte zu einem faszinierenden Einblick in die Psyche dieser Männer und setzt ihnen mit "One Night in Miami" ein angemessenes Denkmal, das nie in blinde Heldenverehrung verfällt.

Von Felix Bascombe

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