"Jupiter's Legacy" auf Netflix: Generationenkonflikt der Superhelden
Für viele kleine Kinder ist der eigene Papa ein Superheld. Die ab Freitag, 7. Mai, abrufbare Netflixserie "Jupiter's Legacy" beweist: Es ist wahrlich kein Zuckerschlecken, wenn der Vater über besondere Kräfte verfügt. Denn selbst Superhelden altern - wenn auch langsamer: Nachdem sie etwa 100 Jahre lang die Menschheit beschützt haben, reichen die Mitglieder der "Union of Justice" den Stab an ihre nicht minder begabten Kinder weiter. Diese haben ihre liebe Mühe und Not, dem Ideal zu entsprechen und den Erwartungen gerecht zu werden - ein Super-Generationenkonflikt als Effekt-Spektakel.

Die Dramaserie basiert auf den Graphic Novels von Mark Millar ("Kick-Ass" und "Kingsman") und Frank Quitely und erzählt von den Abenteuern der Auserwählten in einem komplexen Spannungsfeld zwischen Familie, Macht und Loyalität - und das über mehrere Jahrzehnte hinweg.

Spätestens seit Spider-Man weiß der geneigte Fan von Comic-Superhelden, dass große Macht große Verantwortung mit sich bringt - diese humoristische Referenz wird direkt in Folge eins eingebaut. Und diese Verantwortung kann zur schweren Bürde werden. Dies gilt insbesondere für die im Mittelpunkt stehende Familie Sampson. Daddy Sheldon alias Utopian (Josh Duhamel) stellt insbesondere in Sachen Moral extrem hohe Ansprüche an seine Kinder. Schließlich soll schon bald jemand in seine übergroß wirkenden Fußstapfen treten und dabei einem alten Kodex folgen: Völlig unabhängig von dem, was passiert, es wird unter keinen Umständen getötet.

Papas strenger Blick

Doch Sohn Brandon (Andrew Horton) und Tochter Chloe (Elena Kampouris) leiden beide stark unter dem gestrengen Blick des Vaters. Aufgrund ihrer gegensätzlichen Lebensentwürfe allerdings auf unterschiedliche Weise. Der Sohnemann versucht unter dem Namen Paragon eifrig aber zunehmend verzweifelt, den Ansprüchen des alten Herren gerecht zu werden. Nach Ansicht des Vaters hat er jedoch noch jede Menge zu lernen, der alte Mann erledigt die Dinge im Zweifel lieber selbst.

Als Brandon einem Gegenspieler im wahrsten Sinne des Wortes das Gesicht eindellt - die Gewaltdarstellung ist nichts für Kinder - um seinen Freunden und nicht zuletzt seinem Vater das Leben zu retten, hat dieser hauptsächlich Vorwürfe parat. "Wir müssen das Ideal sein. Du musst das Ideal sein", fordert der strenge Papa. Grundsätzlich darf der Utopian als stellvertretend für die ganze Serie gelten: Es wird zwar viel Pathos angerührt, Gefühl kommt aber kaum rüber.

Chloe hat hingegen mit der Vorstellung abgeschlossen, dem anstrengenden Job als Superheldin nachzugehen. Sie arbeitet fernab der Familie als leichtbekleidetes Model und ist dem Alkohol alles andere als abgeneigt. Ein Lifestyle, der im Hause Sampson gar nicht gut ankommt. Elena Kampouris verkörpert die wohl interessanteste Figur unter den Superhelden beider Generationen. Die freizügige Chloe hat sich von ihrer Familie entfernt, sie verfolgt lieber ihre eigenen Lebensträume, als stetig für das diffuse Gute einzustehen.

Wenn die Fetzen fliegen, tut sich der Boden auf

Beide Kinder der außergewöhnlichen Familie wuchsen im stetigen Blitzlichtgewitter auf, denn der Utopian und seine Frau Lady Liberty (Leslie Bibb) werden wie Popstars verehrt und stehen dementsprechend auch für Presse-Interviews zur Verfügung. Beide müssen voller Selbstmitleid feststellen, dass ihre Feinde die Spielregeln verändert haben. Superschurken sind eben auch nicht mehr das, was sie einmal waren.

Deshalb hinterfragt auch die Gesellschaft zunehmend die hehren Prinzipien der Cape-Träger. Sind die Vorstellung vom ewigen Kampf Gut gegen Böse, in dem beide Pole klar voneinander zu trennen sind, und das Mantra "Wir töten nicht" noch zeitgemäß? Zwar schwadronieren die alten Helden pseudo-intellektuell über alte Feinde, neue Nazis und die USA als vermeintlicher Weltpolizist, allerdings wirkt dies eher, als wolle man die Serie künstlich mit gesellschaftlicher Relevanz aufblasen. Eine Tiefe vom Schlage der "Watchmen" (2009) wird nicht annähernd erreicht.

Dramaturgisch scheinen einige vielversprechende Ideen in der Umsetzung zu verpuffen. Was das Visuelle angeht, lässt sich Netflix erwartungsgemäß nicht lumpen und liefert spektakuläre Szenen: Die Kämpfe werden mit Feuer und Telekinetik ausgefochten, wenn die Fetzen fliegen, tut sich der Boden auf. Nur wirklich packend ist dies nicht.

Von Jan Treber

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