Bulimie, Ehestreit, bizarre Rituale: Wie realistisch ist der neue Film über Prinzessin Diana?
Ist sie es, oder ist sie es nicht? Auf den ersten Blick könnte man Kristen Stewart im Drama "Spencer" (Kinostart: 13. Januar) tatsächlich für Prinzessin Diana halten. Doch wie nahe liegen Fakt und Fiktion im Biopic wirklich beieinander? Der Film von Pablo Larraín beginnt mit einer einfachen Botschaft, gewissermaßen sogar einem Disclaimer: "Eine Fabel aus einer wahren Tragödie". Der Regisseur macht also von Anfang an klar, dass es sich bei dieser Geschichte um ein fiktives Werk handelt.

Im Gegensatz zu "Diana" (2013), Oliver Hirschbiegels Filmbiografie mit Naomi Watts in der Hauptrolle, oder der Netflix-Serie "The Crown", versucht Larraín in seiner Version nicht, sich an die wahre Geschichte von Prinzessin Diana zu halten. Stattdessen sind viele Story-Elemente von realen Geschehnissen inspiriert, die Handlung des Films hingegen ist größtenteils erdacht.

Dianas Ehe mit Charles

Im Film steckt die Ehe zwischen Prinzessin Diana und Prinz Charles (Jack Farthing) im Dezember 1991 in einer tiefen Krise. Während der Weihnachtsfeierlichkeiten auf dem königlichen Landsitz Sandringham House in Norfolk soll Diana dennoch gute Miene zum bösen Spiel machen. Kein leichtes Unterfangen, fällt es Diana doch zunehmend schwer, über Charles' Affäre mit Camilla Parker Bowles hinwegzusehen.

Laut "Spencer" stellen die drei Tage, die der Film schildert, einen entscheidenden Wendepunkt dar: Diana erkannte, dass ihre Ehe am Ende war. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt eindeutig unglücklich war, bleibt bis heute fraglich, wann sie beschloss, die königliche Familie zu verlassen - und ob es diesen Moment überhaupt jemals gegeben hat. Im Dezember 1992 gab das Paar die offizielle Trennung bekannt. In einem späteren Interview sagte Diana, dass Charles derjenige gewesen sei, der darum gebeten habe.

Während Emma Darwall-Smith als Camilla Parker Bowles in "Spencer" lediglich kurz zu sehen ist, weist Diana an einer Stelle darauf hin, dass Charles ihr genau die gleiche Halskette geschenkt hatte, die er für seine Geliebte gekauft habe. Berichte von einem solchen Schmuckstück gibt es keine, doch Biografen zufolge begannen Charles und Camilla ihre Affäre 1979, unterbrachen sie zwei Jahre später, als er und Diana heirateten, und fanden schließlich Mitte der 80er-Jahre wieder zueinander. Die Untreue ihres Mannes quälte Diana, die bekanntlich sagte, ihre Ehe sei "ein bisschen überfüllt" gewesen, weil "wir zu dritt waren".

Litt Diana unter einer Essstörung?

Dianas Essstörung spielt im Film eine große Rolle. Die schockierendsten Szenen des Films zeigen die Prinzessin, wie sie ihr Essen beim üppigen Abendmahl kaum anrührt und sich dann heimlich in die riesige Vorratskammer schleicht, um Gebäck zu verschlingen - nur, um es schließlich wieder zu erbrechen. Auch die echte Prinzessin von Wales hatte mit der Erkrankung zu kämpfen: "Die Bulimie begann in der Woche nach unserer Verlobung, und es dauerte fast ein Jahrzehnt, bis sie überwunden war", sagte sie 1992 ihrem Biografen Andrew Morton.

Diana sprach auch in späteren Jahren offen über ihre Bulimie. In ihrem kontroversen BBC-Interview im Jahr 1995 berichtete sie, dass die königliche Familie ihr gesagt habe, sie würde Essen verschwenden - eine Anschuldigung, die auch in "Spencer" durch Kommentare von Charles angedeutet wird.

Wurden die Gäste in Sandringham wirklich gewogen?

Bei ihrer Ankunft in Sandringham House wird Diana dazu gedrängt, sich auf eine antike Waage zu setzen, um ihr Gewicht registrieren zu lassen. Ihr wird mitgeteilt, dass sich angeblich alle Mitglieder der königlichen Familie wiegen lassen müssen. Dadurch solle sichergestellt werden, dass die Gäste bis zu ihrer Abreise an Körpergewicht - drei Pfund, um genau zu sein - zunehmen. Die Gewichtszunahme soll beweisen, dass die Familienmitglieder die Weihnachtsfeierlichkeiten auch tatsächlich genossen haben.

Was wie reinste Schikane für die unter Bulimie leidende Diana wirkt, ist eine echte Tradition, die auch heute noch während der Feiertage durchgeführt wird. Das Ritual soll mit dem gut gepolsterten König und notorischen Feinschmecker Edward VII. begonnen haben, der sichergehen wollte, dass seine Gäste gut gegessen hatten.

Dianas Elternhaus

In "Spencer" versucht Diana, zu ihrem Elternhaus, Park House, zurückzukehren, das sich auf dem Anwesen der Königin in Sandringham befindet. Sie klettert verzweifelt über Zäune, um zu dem mit Brettern vernagelten Haus zu gelangen, das schon lange verlassen zu sein scheint. Das Haus im Film hat einen Wassergraben, den es im wirklichen Leben nicht gab - zudem wäre das Anwesen zum Zeitpunkt des Films nicht leerstehend gewesen: 1983 schenkte Königin Elizabeth das Haus einer Behindertenhilfsorganisation. Park House wurde in ein barrierefreies Landhotel für Menschen mit Behinderungen umgewandelt.

Es stimmt jedoch, dass Diana Frances Spencer am 1. Juli 1961 im Park House auf dem Sandringham-Gelände geboren wurde und dort lebte, bis sie 14 Jahre alt war. Das Haus wurde 1863 ursprünglich für Edward VII. entworfen, dann aber an die Familie Spencer verpachtet. Der Film suggeriert, dass Diana dorthin zurückkehrt, um in unbeschwerten Kindheitserinnerungen zu schwelgen. Tatsächlich war die spätere Prinzessin zahlreichen Berichten zufolge schon als Kind alles andere als glücklich. Die Scheidung der Eltern hinterließ bei Diana Spuren, wie sie selbst erklärte: "Es gab keine Stabilität. Ich war unglücklich und fühlte mich niemandem zugehörig."

Von Franziska Wenzlick

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