Ruth Leuwerik
Trauer um das schöne Gesicht des Nachkriegsfilms
Sie hatte sich schon seit Jahrzehnten aus dem Filmgeschäft zurückgezogen, doch vor allem beim reiferen Publikum hat ihr Name noch immer einen ehrfürchtigen Nachklang. Jetzt ist Ruth Leuwerik, eine der größten deutschen Nachkriegsschauspielerinnen, im Alter von 91 Jahren verstorben. Das wurde, übereinstimmenden Medienberichten zufolge, am Dienstagabend aus dem Kreise ihrer Familie bekannt. Die Schauspielerin, die mehr als zehn Jahre lang als "First Lady" der deutschen Filmbranche rangierte, lebte bis zu ihrem Tod sehr zurückgezogen in München. Schon vor über 15 Jahren sagte sie im Interview, sie würde seit über 20 Jahren keine Filme mehr drehen, also gäbe es wirklich nicht viel zu erzählen.

"Du hast ein hässliches Gesicht, eine dünne Stimme und bist gehemmt": Mit diesen Argumenten versuchten Leuweriks Eltern, sie von der Schauspielerei abzuhalten. Ihre Tochter, so meinten sie, solle lieber etwas Vernünftiges lernen. Vergebens. Nach einer Ausbildung zur Stenotypistin debütierte Ruth Leuwerik mit zarten 18 Jahren auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Während des Krieges reiste sie mit einer Wanderbühne durch Dörfer und Kleinstädte, in den ausgehenden 40er-Jahren nahm sie Engagements in Bremen, Lübeck und Hamburg an. Vor der Kamera stand sie zum ersten Mal 1950: Der Schwank "13 unter einem Hut" floppte jedoch.

Doch das vermochte den steilen Aufstieg der sympathischen Schauspielerin nicht zu stoppen. Drei Jahre später gelang ihr mit "Ein Herz spielt falsch" der Durchbruch, in den folgenden Jahren prägte die geborene Essenerin das Gesicht des deutschen Filmes entscheidend mit. Produktionen wie "Königliche Hoheit", "Immer wenn der Tag beginnt" oder "Die Trapp-Familie" brachten ihr schnell den Titel "Königin des Melodrams" ein. Doch "Das Haus in Montevideo" oder "Auf Engel schießt man nicht" bewiesen, dass Ruth Leuwerik durchaus auch komödiantisches Talent besaß. Insgesamt 100 Filme waren es, bei denen sie mitwirkte, in vielen spielte sie die weibliche Hauptrolle. An ihrer Seite standen die Traummänner der damaligen Zeit: O. W. Fischer, Hansjörg Felmy, Dieter Borsche oder Peter van Eyck.

37 Jahre jung war die Actrice bei "Ein Alibi zerbricht", ihrem letzten Kinofilm, danach zog sie sich aus dem Geschäft zurück. Vielleicht lag es daran, dass sie mit den filmischen Entwicklungen der 60er-Jahre in Deutschland nicht mehr all zuviel anfangen konnte. Die Zeit des Drucks auf die Tränendrüse war vorbei, angesagt waren im Unterhaltungsbereich Blödel- oder Softsexfilme, zum Autorenfilm hatte sie nie einen großen Bezug. Deshalb ließ sich die Schauspielerin zwar von Zeit zu Zeit zu einem Leinwand- oder TV-Gastspiel überreden, als ernsthafte Comeback-Versuche wollte sie das allerdings nie gewertet sehen: "Für mich sind das Rückfälle. Meine Karriere ist längst vorbei", sagte sie selbst. So legte sie die Anspruchs-Latte für eventuelle Rollen hoch und bewertete Angebote kritisch. Die bekannteste Produktion nach den 60er-Jahren dürfte die Simmel-Verfilmung "Und Jimmy ging zum Regenbogen" sein, die 1971 das Publikum begeisterte. Ihren letzten TV-Auftritt, eine Nebenrolle bei "Derrick" vor 18 Jahren, bezeichnete sie selbst lediglich als "durchaus spielbar".

Ruth Leuwerik, die mit bürgerlichem Namen Leeuverik hieß, kassierte fünf Bambis, das Bundesverdienstkreuz, den bayerischen Verdienstorden und diverse Fernsehpreise. Angebote, nach Hollywood zu gehen, schlug sie jedoch stets aus: "Ich bin zu sehr im deutschen Sprachraum verankert." Trotzdem, Reisen gehörten auch im Alter zu den Leidenschaften der Wahlmünchnerin, die mit ihrem dritten Ehemann, einem Augenarzt, zurückgezogen in einer Villa im Edel-Stadtteil Nymphenburg lebte.

Von Frank Rauscher

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