Independence Day: Wiederkehr
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 14.07.2016
Regisseur: Roland Emmerich
Schauspieler: Liam Hemsworth, Charlotte Gainsbourg, Maika Monroe
Entstehungszeitraum: 2016
Land: USA
Freigabealter: 12
Verleih: Fox
Laufzeit: 121 Min.
Roland Emmerich
"Nichts davon ist echt"
Seit Jahrzehnten verkörpert er das idealtypische Feindbild europäischer Cineasten: Ein Schwabe und Wahl-Kalifornier, der mit dem deutschen Film nichts anfangen kann, der das US-amerikanische Actionkino immer verehrte und vorzugsweise CGI-Zerstörungsorgien ohne Tiefe zelebriert. Roland Emmerich gilt als Meister der Oberflächlichkeiten. Übel nahmen ihm das von Beginn an viele, gerade auch wegen der riesigen kommerziellen Erfolge, die der gebürtige Stuttgarter seit seinem Durchbruch mit "Independence Day" 1996 feierte. 20 Jahre später setzt Emmerich das Alien-Spektakel fort. Während die Marketing-Maschine "Independence Day: Wiederkehr" (Start: 14. Juli) hysterisch hochstilisiert, gibt sich der 60-Jährige bei der Promotiontour lässig und offen. Fast wirkt es, als personifiziere der Absolvent der HFF München den ironischen Pragmatismus seiner Filme: Mit entwaffnender Beiläufigkeit kalifornischer Prägung spricht Emmerich über die Kosten des Sequels, über Homosexualität im Actionfilm und über seine Pläne, endlich auch mal Deutschland zu zerstören.

teleschau: Seit Ihrem Riesenerfolg "Independence Day" sind 20 Jahre vergangen. Hat diese lange Zeitspanne geholfen, das Sequel zu drehen oder war sie dafür eher hinderlich?

Roland Emmerich: Mental war das eine Hilfe. Eigentlich hatte ich mich ja immer geweigert, in zu kurzem Abstand einen zweiten Teil zu drehen. Die Frage war: Was kann ich anders und besser machen? Zwischendurch kam jemand mit der Idee "Independence Day: The Groundwar" an. Da sagte ich: Nee, die sind doch alle tot! Und ich mach keinen Film, in dem sich die Überlebenden in den Untergrund bohren und der in irgendwelchen Höhlen spielt. Das ist für mich nicht "Independence Day".

teleschau: Ein neuer Angriff aus dem All sollte her!

Emmerich: Ja. Irgendwann ergab es Sinn, den Nachfolger 20 Jahre später anzusiedeln: Es ist eine andere Welt, wir haben die ganzen rumliegenden Alien-Raumschiffe auseinandergenommen und deren Gravity-Dinger in unsere Dinger gebaut, haben Stationen auf dem Mond und ein Verteidigungssystem im Weltraum. In dieser neuen Welt kann man auch eine neue Generation zeigen.

teleschau: Auch, um eine neue Generation von "Independence Day"-Zuschauern anzusprechen?

Emmerich: Klar! Damals, 1996, ging es den Kids wie Hauptdarsteller Liam Hemsworth - der hat den Original-Film mit seinen Brüdern noch begeistert auf VHS geguckt. Die sind jetzt erwachsen geworden. Gewissermaßen gleichzeitig mit den aktuellen Hauptfiguren, die bei den Ereignissen im ersten Teil ihre Eltern verloren und nun für die erneute Verteidigung der Welt brennen.

teleschau: Viele der Stars von 1996 sind wieder mit an Bord - nur der größte Held nicht. Wie schwer wog der Absprung von Will Smith als Hauptdarsteller?

Emmerich: Sehr. Will sagte irgendwann: Ich möchte nicht mehr dabei sein, ich plane mit "After Earth" lieber meine eigene Sci-Fi-Serie. Das war schon komisch: Erst sagte er Ja, dann wieder Nein. Am Ende passte es einfach nicht in seinen Plan. Für mich ein Schock. Da dachte ich erst mal: Dann machen wir den Film eben nicht. Ich musste ihn ja nicht drehen.

teleschau: Wie wurden Sie umgestimmt?

Emmerich: Alle um mich herum, meine Schwester, Drehbuchautor Harald Kloser, das Studio, alle sagten: Roland, du musst diesen Film machen! Denk dir halt was aus! Daraufhin gab es ein paar Entwürfe, aber die gefielen mir nicht. Es waren einfach keine neuen Ideen dabei. Ganz unschuldig war ich daran aber nicht.

teleschau: Inwiefern?

Emmerich: Ich wollte zu diesem Zeitpunkt einfach andere Filme drehen. Bevor ich dann letztlich doch mit "Wiederkehr" begann, kamen auch erst mal "Anonymos", "White House Down" und "Stonewall". Die waren mir wichtiger.

teleschau:: Apropos "Stonewall": In "Independence Day: Wiederkehr" ist Brent Spiners Charakter homosexuell. Wird das nicht immer sofort mit Ihrer Biografie verbunden?

Emmerich: Das ist richtig. Dennoch: "Stonewall" zu drehen, habe ich sehr genossen. Ich mag historische Geschichten ohnehin. Und klar: Es war im Grunde auch meine Geschichte, die wir erzählten - die Geschichte der Schwulenbewegung. Aufgeregt hat mich nur die negative Rezeption des Films.

teleschau: Haben Sie seitdem trotzdem weniger Hemmungen, Homosexualität zu thematisieren? 1996 hätte man in einem Actionkracher wohl noch kein schwules Paar zeigen können ...

teleschau: Das hätte man eben nicht gemacht! So hat sich unsere Gesellschaft verändert. Angelegt war Spiners Charakter allerdings schon damals so: für seine langhaarige Astrophysiker-Erscheinung überaus eitel (lacht). Das ist sehr spielerisch entstanden. So liebe ich es, meine Filme zu machen. Das kann man nicht schreiben oder planen.

teleschau: Die wahnsinnigen Effekte hingegen schon. "Independence Day: Wiederkehr" ist abermals ein Special-Effect-Feuerwerk. Ist wenigstens der Alien-Schleim echt?

Emmerich: Nee, nichts davon ist echt. Nicht mal der Schleim. Das ist ja das Unglaubliche: Was man heutzutage mit Computern erzeugen kann. Früher hätten wir da irgendeine Soße angerührt, ich hätte zehnmal hingehen und sagen müssen: Das ist ein bisschen zu dick, die Farbe gefällt mir nicht.

teleschau: Und heute?

Emmerich: Heute machen wir das erst mal ganz grob digital, dann wird es verfeinert, man sagt vielleicht noch: Ein wenig mehr Braun. Und dann sieht das völlig echt aus.

teleschau: Macht das überhaupt noch Spaß?

Emmerich: Ja, macht es. Vor allem, weil einem keine Grenzen mehr gesetzt sind. Es existieren keine Limits. Vor zehn Jahren noch war ich oft super-frustriert darüber, wie manche Sachen aussahen. Da machte das Modell nicht, was man wollte, und man konnte auch nichts wiederholen. Heute hingegen muss man ja nicht einmal mehr Sets bauen. Alles ist unter Kontrolle.

teleschau: Die Kreativität leidet darunter nicht?

Emmerich: Eigentlich finde ich sogar, das wurde besser. Ich habe all diese Bilder im Kopf und kann sie umsetzen, wie ich will.

teleschau: Solang finanziell keine Grenzen gesetzt sind. Sie waren mal dafür bekannt, das Budget zu unterschreiten ...

Emmerich: Diesmal haben wir ein bisschen mehr ausgeben. Es gab so einige Probleme: Wir drehten in New Mexico - die haben da super Studios, aber die Konstruktions-Arbeiter sind leider nicht so erfahren, wie man sie sich eigentlich wünscht. Man muss aber sagen: Wir haben von Anfang an Budgets, die nicht so hoch sind wie die der anderen. Diese ganzen Marvel-Filme kosten immer 250 Millionen, auch wenn gesagt wird, es sind 100 oder 180.

teleschau: Sie geben die ganzen Millionen dafür aus, die Erde in Schutt und Asche zu legen. Nur Deutschland hat es bislang nicht getroffen ...

Emmerich: Das muss ich wohl irgendwann mal machen, sonst fragt man mich bis in alle Ewigkeit danach. Für "Wiederkehr" plante ich London und Paris als europäische Städte ein - entschied mich dann aber nach den Pariser Terrorattacken, den ziemlich spektakulären Angriff auf den Eiffelturm nicht zu verwenden. Ob es beim nächsten Mal aber Berlin wird - so etwas lege ich nicht fest. Das wäre eine Schere, die ich mir normalerweise nicht antue. Wahrscheinlich hängt mein Zögern auch damit zusammen, dass ich aus Deutschland stamme und schon immer amerikanische Filme besser fand. Das gefiel mir immer besser, als was wir so in Deutschland produzieren.

teleschau: Was man Ihnen hierzulande nicht selten ankreidet ...

Emmerich: Dafür musste ich schon immer viel Kritik einstecken, bereits von meinen Kommilitonen bei meinem ersten Film an der Filmhochschule. Das ändert aber nichts.

teleschau: So oder so werden Sie die Erde weiterhin zerstören. Einen dritten "Independence Day" haben Sie ja bereits angekündigt ...

Emmerich: Das habe ich mir selbst auferlegt: Wenn ich einen zweiten Teil drehe, soll es auch einen dritten geben. Ich hoffe, "Independence Day: Wiederkehr" ist erfolgreich und spielt genügend Geld ein - dann können wir das auch realisieren. Denn eigentlich bin ich ein wenig wie Brent Spiner im Film - zwei Worte: Interstellares Reisen!

teleschau: Sie wollen die Erde im dritten Teil verlassen?

Emmerich: Der gesamte zweite Teil ist darauf angelegt, zu diesem Punkt zu gelangen: Dass ich ins Weltall rausgehen kann. Es wird viele Überraschungen geben. Was Sie bislang gesehen haben, ist gar nichts (lacht)! Außerdem: Mit einem dritten Film könnte ich "X-Men" und Co. die Zunge rausstrecken und sagen: Emmerich hat ein Franchise geschaffen! Und das auf meine alten Tage - da muss man erst 60 werden.

Von Maximilian Haase

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