Hilmar Thate
Trauer um den "König von St. Pauli"
"Herausforderungen haben auch etwas Belebendes", sagte Hilmar Thate einmal. Der Schauspieler suchte sie im Beruf wie im Leben. Denn Leute, die immer nur dasselbe machen oder sich "in die Abgefucktheit drängen lassen", wie der Wahlberliner es formulierte, würden sterben, während sie noch leben. Jetzt ist der Mann, der sein Faible für höchst lebendige, intensive, oft auch physisch starke Charaktere an der Bühne und im Film auslebte, gestorben - bereits am vergangenen Mittwoch, wie am Wochenende bekannt wurde. Hilmar Thate wurde 85 Jahre alt.

In einem Interview anlässlich seines 70. Geburtstages unterstrich Thate, dass die Herausforderung im Leben darin bestehe, "wahrzunehmen und sich nicht in Verbitterung und Verdrossenheit niederbeugen zu lassen". Es sei "doch ganz wichtig, dass man sich einmischt".

Als er sich richtig einmischte, Mitte der 70er-Jahre in der DDR, und gemeinsam mit seiner Ehefrau und Schauspielkollegin Angelica Domröse die Petition gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann unterzeichnete, wehte dem "Fernsehliebling" ein eisiger Wind entgegen. Unverhohlen sagte man ihm, dass es für ihn keine Rollen mehr gebe. 1980 verließ das einstige Mitglied des Berliner Ensembles, das auch am Deutschen Theater engagiert war und unter anderem als "Richard III." brillierte, die DDR, um weiter spielen zu können. In West-Berlin und Wien stand er fortan auf der Bühne, unter anderem auch im Theater am Kurfürstendamm mit Angelica Domröse in Peter Turrinis "Josef und Maria". Beide spielten auch zusammen in einer Inszenierung von Edward Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?".

Im Film jedoch machte sich der Schauspieler rar. Fassbinder arbeitete mit ihm 1982, Dieter Wedel tat's 1998 - seitdem fällt der breiten Öffentlichkeit vielleicht bei Hilmar Thate der "Würfel-Rudi" aus dem "König von St. Pauli" ein. Er war der wuchtigste Charaktere im legendären TV-Sechsteiler. "Eine relativ einfache, aber wirkungsvolle Figur", attestierte Thate selbst, der seine eigenen Ansprüche an eine Rolle hatte. Neue Einsichten müsse ein spannender Film für ihn bringen, sagte Hilmar Thate, dessen Credo lautete: "Leben heißt, sich auseinandersetzen."

Von Wolf J. Krauss

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