David Hasselhoff
Unser liebster Ami
"Don't Hassel the Hoff": Der Spruch, auf T-Shirts gedruckt und in Netz-Memes verbreitet, steht mittlerweile im "Urban Dictionary". Als zum Allgemeinwissen geratene Warnung, die eines der größten Popkultur-Phänomene unserer Zeit beschreibt: Legt euch ja nicht mit David Hasselhoff an! Feiert ihn, lacht über ihn, tanzt ironisch zu seiner Musik, verehrt ihn als nostalgischen Trash-Helden eurer Jugend - aber macht ihn euch nicht zum Feind. Wären die Englischkenntnisse hierzulande besser - die zum Sprichwort geronnene Weisheit, die selbst das Cover des neuesten "The Hoff"-Films ziert, wäre mit Sicherheit in Deutschland erfunden worden. Auch Jahrzehnte nach "Baywatch", "Knight Rider" und "Looking for Freedom" ist Hasselhoff, der am 17. Juli 65 Jahre alt wird, der Deutschen liebste US-Ikone.

David Hasselhoff muss sterben. So lautet knapp zusammengefasst die Handlung der Komödie "Killing Hasselhoff", die im Herbst als DVD-Premiere erscheint. Der US-Star wird in dem Streifen von Dutzenden Gangstern gejagt, die auf seinen Promi-Tod Geld gesetzt haben. Natürlich, so darf man annehmen, werden sie scheitern. "The Hoff" lässt sich schließlich nicht gern ärgern, so besagt es der zur Legende stilisierte Running Gag, an dem die Deutschen gehörigen Anteil besitzen.

Auf ihren Helden lassen sie nichts kommen. Damit das auch abseits der Fiktion so bleibt, werden die Hoff-Fans dem Film einen guten Absatz bescheren - ebenso wie in den vergangenen Wochen dem "Baywatch"-Remake, das es in den hiesigen Kinocharts sogar auf Platz eins schaffte, während es in den USA unterging. Wo Hasselhoff hierzulande - und sei es nur in einem kurzen Cameo-Auftritt - auftaucht, da feiert er Erfolge.

Dabei konnte der 1,93-Hüne auch nach seinen Erfolgsjahren machen, was er wollte: Er singt einen Unsinns-Song wie "Jump In My car" - und die Deutschen lieben ihn. Er geht in den Promi-Big-Brother-Container, verlässt ihn nach vier Tagen voreilig - und die Deutschen sehen es ihm nach. Er wird völlig betrunken beim Cheesburgeressen gefilmt, gesteht hiernach seine Alkoholsucht ein - und die Deutschen berauschen sich an der sympathischen Fehlbarkeit ihres Idols. Hasselhoff füllt Hallen, Hasselhoff füllt Witze, Hasselhoff muss nur erwähnt werden und die Leute rasten aus.

Die offensichtlichste Erklärung für seinen Germany-Erfolg, lieferte "The Hoff" im Interview mit der teleschau einmal persönlich: "Weil sie mich noch aus der Zeit kennen, als sie jung waren, sie haben mich in 'Baywatch' und 'Knight Rider' gesehen und meine Songs mitgesungen, bevor sie überhaupt Englisch konnten."

Auch auf die offensichtliche Frage nach seinem Potenzial als Witzfigur weiß der Schauspieler und Sänger eine Antwort: "Meine Tochter hat zu mir mal gesagt: 'Daddy, die kommen nicht, um über dich zu lachen, sondern um mit dir zu lachen.' Und sie hat Recht. Die Leute wollen ihre Jugend Revue passieren lassen und Spaß haben. Das finde ich toll." Es ist, und das weiß "The Hoff" sehr genau, nur die halbe Wahrheit. Natürlich: Man kann die Liebe der Deutschen zu ihrem Lieblingsbademeister und -brusthaarträger mit "Kult" umschreiben, man kann sie erklären mit der Erinnerung an eine Zeit vor dem Internet, in der die Helden noch lederbejackt oder braungebrannt muskulös waren - denn "The Hoff" war immer beides, zudem freilich ein begnadeter Entertainer, der mit seinem größten Hit nebenher die Mauer zum Einsturz brachte.

Womit die andere, wichtigere Hälfte der Hoff-Wahrheit zur Sprache käme: Das Verhältnis der Deutschen zu ihrem David war immer libidinös besetzt: Vor der Wende als lockiges Sexsymbol mit deutschen Wurzeln, das den teutonischen Halbbrüdern auch im Mainstream zeigte, was es hieß, cool zu sein; was es hieß, den amerikanischen Way of Life auszukosten. Während die Amerikaner angesichts der offensichtlichen Überzeichnung müde abwinkten, feierte man K.I.T.T. und die Lederjacke in der alten BRD als Inbegriff gelebter (männlicher) Freiheit. Und diese unkonkrete "Freiheit" war es dann auch, die ihn durch den historischen Weltgeist zum US-König von Deutschland werden ließ: Als Hasselhoff zum Jahreswechsel 1989/90 vor 500.000 begeisterten Zuschauern ein völlig abstruses und zugleich intimes Konzert an der zerfallenden Berliner Mauer gab, war das eine pophistorische Zäsur für das fast wiedervereinigte Deutschland.

Seit seinem Überhit "Looking For Freedom" gilt "The Hoff" den Deutschen deshalb als Vaterfigur der Veränderung, der sich im Gegensatz zu den etwas spießigen Scorpions eher als lässiger Daddy der Demokratie, als Womanizer der Wende inszenierte. Er nahm die Rolle gern an; erst vor wenigen Jahren sah er augenzwinkernd auch öffentlich ein, nicht direkt für den Fall der Mauer verantwortlich gewesen zu sein. Es ist jener dahinter steckende popkulturelle Vaterwitz, den die Deutschen immer liebten: Der coole Ami mit dem schwarzen Sportwagen und den roten Shorts und den blonden Frauen, der unsere Befindlichkeiten kennt, uns in politischen Wirren und trotz fehlender blühender Landschaften die schillernden Seiten von Kapitalismus und Kulturindustrie genießen lehrte. Der zugleich aber auch immer um den schönen Schein wusste, sich zuletzt nie zu schade war, sein Image für Trash-Filme und sonstige mediale Selbstreferenzen ironisch zu überhöhen.

Seinen Weg vom sexy US-Sehnsuchtshelden zur campy-kultigen Nostalgiefigur beschritt David Hasselhoff wohl nur mit Hilfe der Deutschen mit derart erhobenem Haupt. Umgekehrt kann man Ähnliches behaupten: Auch mit 65 Jahren ist "The Hoff" die wohl coolste Projektionsfläche, die sich die Deutschen wünschen können. - Hauptsache, man legt sich nicht mit ihm an.

Von Maximilian Haase

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