The Square
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 19.10.2017
Regisseur: Ruben Östlund
Schauspieler: Claes Bang, Elisabeth Moss, Dominic West
Entstehungszeitraum: 2017
Land: S / D / DK / F
Freigabealter: 12
Verleih: Alamode
Laufzeit: 151 Min.
Claes Bang
"Das sieht nach Cannes aus!"
Was für ein nettes Geschenk zum 50.! "Am Tag vorher wurde uns gesagt, dass wir in Cannes dabei sind", erinnert sich Claes Bang (gesprochen "Cläs", aber er hört auf alles). "Da habe ich gedacht: 'Du lieber Gott, das ist ja das Geburtstagsgeschenk meines Lebens!'" Und dann hat der fast zwei Meter große Däne auch noch gewonnen. Da kann die Midlife-Crisis warten, auch wenn man schon Stief-Opa ist: "Wenn mir das jemand vor 20 Jahren gesagt hätte: Mit 50 bist du in Cannes - in der Hauptrolle, in einem Film, der gewinnt - das hätte ich nicht geglaubt!" Jetzt kommt die Gesellschafts-Satire "The Square" in die deutschen Kinos. Ein Gespräch über Arm und Reich, Moral, "Vollidiot" Trump und französische Affen am Tag der Deutschen Einheit.

teleschau: Glückwunsch zur "Goldenen Palme"!

Claes Bang: Danke, das war wirklich Wahnsinn! Ich war vorher noch nie in Cannes. Ich habe mich immer gefragt: "Gibt es das überhaupt?"

teleschau: Und dann direkt gewonnen ...

Bang: Wenn man nach Cannes kommt, dann denkt man zuerst: "Oh, mein Gott, wir sind hier! Ist das alles toll!" Aber plötzlich passiert irgendetwas. Wenn die Leute anfangen, davon zu reden, dass man womöglich gewinnen kann, dann steigt die Erwartung. Dann ist es plötzlich nicht mehr genug, nur dabei zu sein. Dann will man auch gewinnen.

teleschau: Ist Ihnen erst dort bewusst geworden, dass Sie gewinnen könnten? Ihr Regisseur Ruben Östlund ist quasi Stammgast in Cannes ...

Bang: Das war Rubens Ziel: im Hauptwettbewerb in Cannes zu stehen. Er hat von nichts anderem gesprochen. Jeden Tag saß er vor dem Monitor, hat mich angeschaut und gesagt: "Das sieht genau nach Cannes aus!" Er brauchte diesen Druck. Der mache ihn besser.

teleschau: Und Sie? Nervt das nicht?

Bang: Ich habe jeden Tag gesagt: "Ruben, bitte, können wir aufhören, über Cannes zu reden, können wir einfach nur arbeiten?" Ich habe darüber gelacht: "Können wir vielleicht nachher darüber reden, ja?"

teleschau: Man stellt es sich ziemlich anstrengend vor. Sie haben nicht nur die Hauptrolle, Sie sind ja eigentlich der Film ...

Bang: Das war ziemlich hart. Ein sehr langer Prozess. Mittendrin habe ich auch an mir gezweifelt. Es war alles, was man sich als Schauspieler wünschen kann, der Traum meines Lebens, meines Arbeitslebens. Aber am Ende war ich ziemlich fertig.

teleschau: Was ist "The Square" für Sie? Gesellschaftskritik, Satire?

Bang: Der Film ist ein Schnappschuss, eine Momentaufnahme davon, wie die Gesellschaft in Westeuropa gerade aussieht. Wir können uns selbst entscheiden, ob es so gut oder schlecht ist.

teleschau: Die Unterschiede zwischen Arm und Reich kommen aber ziemlich deutlich rüber ...

Bang: Wir sind hier alle im Westen so privilegiert. Wir haben alles, was wir brauchen. Es gibt eine Szene, die am Ende aus dem Film herausgeschnitten wurde, weil sie zu moralisch war. In der Szene frage ich mich: "Wenn ich die Möglichkeit hätte, zwei Stufen auf der sozialen Leiter runterzusteigen, damit es jemand anderem besser geht - würde ich das machen?" Dann antworte ich mir selbst: "Nein, das würde ich nicht machen!" Und das finde ich krass. Wollen wir Privilegierten hier irgendetwas aufgeben, damit es anderen Leuten besser geht? Das ist eine unheimlich interessante Frage.

teleschau: Neben den sozialen Problemen spielt das Thema "Social Media" eine große Rolle. Setzen Sie sich damit auseinander?

Bang: Das ist jetzt Teil unserer Wirklichkeit. Wir haben aber nicht nur diese krassen Social-Media-Kampagnen, sondern leben auch mit Trump und "Fake News". Es ist unheimlich schwer, sich da zu orientieren. Wem kann man glauben? Irgendjemand hat nach der Schießerei in Las Vegas gepostet, die demokratischen Kräfte hätten das ausgelöst. So etwas fordert uns als Menschen heraus. Wir müssen unheimlich wach und kritisch sein! Man muss genau aufpassen, wer etwas sagt und welche Interessen er damit vielleicht verfolgt. Man darf nicht alles glauben.

teleschau: Wo führt das noch hin?

Bang: Und wofür ist das überhaupt gut? Ist es für irgendetwas gut? Wäre es nicht besser ohne? Aber diese Möglichkeit gibt es wohl nicht mehr. Andererseits: Die politische Landschaft in den USA war noch nie so interessant wie heute. Jetzt sind die Leute wirklich wach und kritisch, weil wir Trump haben. Und der ist ein Vollidiot! Da müssen wir irgendetwas machen.

teleschau: Hätten Sie Angst, Kinder in diese Welt zu setzen?

Bang: Nein, so schlimm ist es auch nicht (lacht). Ich selbst habe keine Kinder. Meine Frau hat aber zwei (Claes Bang ist seit 2010 mit der Stylistin Lis Louis-Jensen verheiratet, Anm. d. Red.). Und eigentlich bin ich auch Großstiefvater ...

teleschau: Oh ...

Bang: Ich habe zwei Stieftöchter. Eine ist 30 und eine 19. Und die ältere hat einen achtjährigen Jungen.

teleschau: Dann sind Sie Opa. Das traut man Ihnen ja noch gar nicht zu.

Bang: Ja, bin ich (lacht).

teleschau: Im Film will Sie Elisabeth Moss ("The Handmaid's Tale") ungewollt zum Vater machen. Sie versucht, Ihr Kondom samt Inhalt zu klauen ...

Bang: Es gibt viele Szenen, wo man denkt: "Oh, mein lieber Gott, was ist hier los?" Aber man könnte sich nicht damit identifizieren, wenn es nicht doch dicht am Leben wäre. Daher glaube ich: So wahnsinnig ist es nicht. Und es war auch sehr lustig, das zu drehen. Es hat ewig gedauert, weil wir so gelacht haben. Das haben wir übrigens in Berlin gedreht, weil man in Schweden nicht mit einem Affen drehen darf ...

teleschau: Und in Berlin geht das?

Bang: Es steckt deutsches Geld im Film, und wir mussten sowieso irgendetwas in Berlin drehen. Das war ungefähr vor einem Jahr, am Tag der Deutschen Einheit. Aber da durfte niemand arbeiten. Der Affe auch nicht. Dann haben wir einen französischen Affen geholt ...

teleschau: Im Ernst?

Bang: Im Ernst! Das war unser Glück. Wir haben im Nachhinein gehört, der deutsche Affe sei sehr aggressiv.

Von Ute Nardenbach

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