Nicht ohne Eltern
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 21.06.2018
Regisseur: Vincent Lobelle, Sebastien Thiery
Schauspieler: Christian Clavier, Catherine Frot, Sebastien Thiery
Entstehungszeitraum: 2017
Land: F
Freigabealter: 6
Verleih: Concorde
Laufzeit: 85 Min.
Christian Clavier
"Ein Teil der Familie"
Allein in Frankreich begeisterten sich zwölf Millionen Zuschauer, auch in Deutschland schlossen fast vier Millionen den grantelnden "Monsieur Claude und seine Töchter" ins Herz. Bei einem so großen Erfolg gerät leicht in Vergessenheit, dass "Claude" Christian Clavier (66) mittlerweile seit vier Jahrzehnten ein Superstar ist - und das nicht nur in seinem Heimatland, sondern eigentlich weltweit. Vor vielen Jahren machte er in "Die Strandflitzer" auf sich aufmerksam. Spätestens als Diener und Vertrauter eines Ritters , den es in die Jetztzeit verschlägt, gelang ihm in "Die Besucher"der absolute Durchbruch. Um die Jahrtausendwende verkörperte er dann, neben Gerard Depardieu als Obelix, den rebellischen Comic-Nationalhelden Asterix. Doch den Mann mit den Rollen gleichzusetzen, wäre falsch. Ganz im Gegensatz zu 'Monsieur Claude' sprach Clavier ruhig und mit angenehmer Stimme über seinen neuen Film "Nicht ohne Eltern" (Start: 21. Juni) und seine Karriere.

teleschau: Wissen Sie eigentlich, dass Sie mit "Monsieur Claude und seine Töchter" viele kleine Kinos in Deutschland gerettet haben?

Christian Clavier: Umso besser! Das freut mich sehr zu hören!

teleschau: Haben Sie eine Erklärung für den großen Erfolg?

Clavier: Ich denke, es liegt daran, dass das Thema universell ist und die Machart sehr lustig. Ein Vater, dessen Töchter Angehörige von Minderheiten heiraten und die Konflikte, die sich daraus ergeben - das gibt es überall, das ist der Stoff für einen Film, der überall auf der Welt gesehen wird.

teleschau: Was ist denn das Thema ihres neuen Films "Nicht ohne Eltern"?

Clavier: Mutter- bzw. Vaterschaft! Das ist das Problem eines Paares ohne Kinder, das gut situiert in der Provinz lebt, sich in seinen Routinen eingerichtet hat, ein bisschen egoistisch ist. Bei denen passiert nicht mehr viel. Aber ganz plötzlich wird ihr Leben auf den Kopf gestellt, als dieser 40-Jährige auftaucht, der nicht richtig sprechen kann, nur 'Momo' stammelt, was so viel wie 'Mama' bedeuten soll. Ziemlich brutal teilt er uns mit, dass er unser Sohn sei. Der Typ, den ich spiele, André, findet das total verrückt und glaubt, einen Betrüger und Schwindler vor sich zu haben: Der will unser Geld, der will sich bei uns einnisten. Dieser Patrick ruiniert unser Alltagsleben, und von dieser verrückten Grundsituation aus nehmen die Ereignisse ihren Lauf ... auf eine überraschende Lösung zu.

teleschau: Am Anfang, als sich André, den Sie spielen, und Patrick das erste Mal begegnen, hat der Film etwas Unheimliches an sich ...

Clavier: André hat natürlich auch Angst! Der Typ macht sich in seinem Haus breit, bringt die Einkäufe vorbei, die plötzlich im Supermarkt verschwunden sind ...

teleschau: Ob sie nun einen Sohn haben oder nicht, Ihr André und seine Frau Laurence, verkörpert von Catherine Frot - man erkennt doch in diesen Figuren leicht die eigenen Eltern wieder ...

Clavier: Ganz sicher! Das dürfte vielen so gehen. Meine Figur ist vollkommen nach der Realität geschaffen. Jeder kann seine Angst teilen, aber er überwindet sie im Lauf des Films.

teleschau: "Nicht ohne Eltern" ist der bisher jüngste Film Ihrer langen Karriere. Jetzt erscheinen Sie auf der Leinwand als Repräsentant einer älteren Generation, die Angst vor dem weltweiten Wandel hat, die um ihren Platz in dieser Welt fürchtet wie Ihr André ...

Clavier: Ja, der Mann, den ich spiele, hat Angst vor den Veränderungen in unserer Gesellschaft, in der sich so viel mischt. Es ist wichtig, solchen Menschen ein Gesicht und eine Stimme zu geben, wenn es für das Publikum wichtig ist.

teleschau: Würden Sie sagen, dass Sie diese Figur, deren Umrisse erstmals bei "Monsieur Claude und seine Töchter" auftaucht, allmählich zur Perfektion treiben?

Clavier: Dazu muss man bedenken, dass "Monsieur Claude" in den dritten Abschnitt meiner Karriere fällt. Der passt einfach perfekt zu der äußeren Erscheinung, die ich jetzt habe, die überhaupt nicht mehr der entspricht, die ich zur Zeit der "Strandflitzer" oder auch "Die Besucher" hatte. Gleichzeitig ist das aber ein Typus, der komplett in der Realität von heute verwurzelt ist. Frappierend ist, dass mir ausgerechnet dieser ältere Herr dazu verholfen hat, mich gleichsam rundzuerneuern und mir einen Platz neben viel jüngeren Schauspielern zu geben. Das ist eine Entwicklung, die ein echtes Geschenk des Lebens für mich ist. Das war ein glücklicher Moment, als ich Philippe de Chauveron begegnet bin, der mir "Monsieur Claude" vorgeschlagen hat.

teleschau: Wird es von "Monsieur Claude und seine Töchter" eine Fortsetzung geben?

Clavier: Ja, die drehen wir nächstes Jahr. "Monsieur Claude" hat mir neue Horizonte eröffnet. Eine schöne Abfolge ist das, von den "Strandflitzern" über "Die Besucher" und "Asterix & Obelix gegen Cäsar" bis zu "Monsieur Claude" ...

teleschau: Ein Fortschreiten könnte man vielleicht sagen. Sind Sie dabei nicht so etwas wie ein Begleiter Ihrer französischen Landsleute durch die Zeiten geworden?

Clavier: Meine Generation ist mit mir gealtert, sie hat mich in meiner Jugend gesehen und sieht mich nun als älterer Herr. Ich bin vielleicht ein Teil der Familie geworden. Als Begleiter, Bruder, möglicherweise sogar, gerade im Hinblick auf "Monsieur Claude", eine Vatergestalt. Die Beziehung zum Publikum ist eine geheimnisvolle und außergewöhnliche Sache. Wenn ich seit so vielen Jahren dem Publikum nahestehen kann, ist das ein ungeheures Privileg.

teleschau: Man hat den Eindruck, dass Sie die Menschen, die Sie spielen, sehr genau beobachten.

Clavier: Das ist mir früh zur zweiten Natur geworden. Ich liebe es, die Menschen zu beobachten. Ich nehme mit großer Genauigkeit wahr, ich fühle mich als eine Art Fotoapparat. Die Dinge, die ich mir einpräge, kann ich später wieder aus mir herausholen. Ich schaue mir an, wie sich ein Paar unterhält, wie ein Kind zu seinem Vater spricht, wie eine Bedienung im Restaurant sich an die Gäste wendet, wie jemand die Straße überquert. All das prägt sich mir ein, all das sagt viel über die Menschen aus, sehr viel. Wenn man die Menschen genau betrachtet, sprechen sie zu Ihnen ohne Worte.

teleschau: Aber gehen Sie dabei nicht bei Ihrer Popularität das Risiko ein, wiedererkannt zu werden?

Clavier: Das ist der Grund, warum ich nicht in Frankreich lebe! Für meinen Beruf muss ich den Kontakt zu den Menschen haben, in den Supermarkt gehen, die S-Bahn nehmen, irgendwo einen Kaffee trinken. Wenn aber ein Dutzend Leute etwas von Ihnen will, geht das nicht.

teleschau: In "Nicht ohne Eltern" beeindruckt, wie intensiv Sie zusammen mit Catherine Frot die Krise in der Paarbeziehung spielen, nachdem sich den beiden jemand als ihr Sohn vorgestellt hat.

Clavier: Das gelingt, wenn die Sache gut geschrieben ist, wenn man vorher viel gearbeitet hat. Man versucht, sich den Text möglichst neutral, vorurteilsfrei anzueignen, ehe man eine bestimmte Färbung dazugibt. Wenn Sie dann spielen, sind Sie so von der Sache in Beschlag genommen, dass die Figur Sie dominiert - und dann ist es einfach.

teleschau: Dabei können Sie aber auch ganz anders als in "Monsieur Claude" oder in "Nicht ohne Eltern". In einer Fernsehverfilmung von "Les Misérables" haben Sie den Thénardier verkörpert. Das ist doch eine ziemliche Kanaille.

Clavier: Ja, das ist ein Scheusal. Aber eine interessante Figur, schließlich ist es Victor Hugo, der sie so sensationell gestaltet hat. Gut geschriebene Bösewichter spielen, das ist faszinierend.

teleschau: Und was wäre, sagen wir, mit dem Bösewicht im nächsten ...

Clavier: ... James Bond? (lacht)

teleschau: Würde Sie das reizen?

Clavier: Aber ja! Das wäre amüsant, sehr amüsant!

Von Andreas Günther

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