"Frau Mutter Tier"
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 21.03.2019
Regisseur: Felicitas Darschin
Schauspieler: Julia Jentsch, Alexandra Helmig, Kristin Suckow
Entstehungszeitraum: 2019
Land: D
Freigabealter: 0
Verleih: Alpenrepublik
Laufzeit: 92 Min.
Julia Jentsch im Interview
"Ich hatte nie das Gefühl, ich muss Mutter werden"
Julia Jentsch, 1978 in Berlin geboren, gehört zu den profiliertesten Schauspielerinnen hierzulande. Wo sie spielt, fällt sie auf. Nicht nur durch die Auswahl ihrer Rollen, sondern auch durch die intensive Präsenz, mit denen sie sie verkörpert. Unvergessen ist sie als radikale Entführerin in Hans Weingartners "Die fetten Jahre sind vorbei" (2004) - eine Rolle, für die sie den Bayerischen Filmpreis erhielt. Für ihre Darstellung der Sophie Scholl im gleichnamigen Film wurde sie 2005 mit dem Silbernen Bären, dem Deutschen Filmpreis und dem Europäischen Filmpreis geehrt. Mehrfach ausgezeichnet wurde Jentsch auch 2018 für die TV-Serie "Das Verschwinden", in der sie eine Mutter spielt, deren Tochter verschwunden ist. In "Frau Mutter Tier" (Kinostart: 21. März) schlüpft Julia Jentsch, die mit Mann und Tochter in der Schweiz lebt, erneut in die Mutterrolle. Ein Gespräch mit einer sehr uneitlen und geerdeten Schauspielerin über das Muttersein und den Wunsch nach Perfektion.

teleschau: Frau Jentsch, wie viel von Ihnen steckt in der Rolle der Übermutter Marie, die Sie in "Frau Mutter Tier" spielen?

Julia Jentsch: Ich hatte nie so einen Perfektionsanspruch, da ist mir die Marie ziemlich fremd. Was ich allerdings nachempfinden kann, ist die Problematik, alles unter einen Hut zu kriegen und dem auch gerecht zu werden. Das ist schon eine Herausforderung.

teleschau: Und wie gelingt Ihnen das?

Jentsch: Für die meisten Mütter, die einen Bürojob haben, ist das sicherlich eine größere Herausforderung als für mich. Ich habe meinen Beruf in dem Punkt eher als Glücksfall empfunden. Dass ich keinen Arbeitgeber habe, der sagt: "Wann stehst du wieder auf der Matte?" Ich hatte zum Beispiel nach der Geburt erstmal überhaupt keine Lust zu arbeiten, ich wollte nur mit diesem kleinen Wesen zusammen sein, man ist da ja in einem Hormontaumel. Das Interesse am Beruf kam dann aber wieder von selber, und ich wollte sehen: Was schaffe ich zu vereinbaren? Wie viele Tage kann ich drehen, dass es für mich stimmig ist? Und es war schön, dass ich mein Kind zum Dreh mitnehmen konnte. Ich weiß nicht, ob das in jedem Beruf so möglich gewesen wäre.

teleschau: Manche Frauen hören auf zu arbeiten, wenn sie Mutter werden. Haben Sie darüber nachgedacht?

Jentsch: Für mich war klar, dass ich meinen Beruf weiterhin mache. Nach der Geburt war das berufliche Thema aber wie gesagt so weit weg, dass ich kurz mal das Gefühl hatte: Oh Gott, was mache ich, wenn ich keine Lust mehr am Spielen habe? Aber ziemlich genau neun Monate nach der Geburt war ich wieder am Set.

"Muttersein ist etwas ganz Besonderes"

teleschau: Geraten Sie zwischen Kind und Karriere auch mal an Ihre Grenzen?

Jentsch: Absolut, solche Momente gibt es immer wieder. Situationen, in denen alles zu viel ist, wo man wenig Schlaf hat. Da merkt man: Es ist nicht mehr so viel Kraft übrig, um dem Kind gerecht zu werden. Ich glaube, das ist normal. Aber das hat mich noch nie dahin geführt, an meinem Beruf oder an meiner Familie zu zweifeln.

teleschau: Hat das Muttersein Ihr Lebenskonzept eigentlich durcheinandergebracht?

Jentsch: Es verändert das ganze Leben, und ich merke: Ich bin nicht mehr so flexibel wie früher. Man hat nicht mehr die gleiche Beweglichkeit, aber irgendwie kommen diese Freiräume dann schon wieder. Ich habe jedenfalls nicht das Gefühl, dass mir dadurch etwas verbaut wurde. Ich bin eher froh, dass ich das ausleben darf, Muttersein ist etwas ganz Besonderes. Ich verstehe jetzt auch meine eigene Mutter viel besser. Deswegen bin ich extrem dankbar für diese Erfahrung.

teleschau: War das schon lange Ihr Wunsch, ein Kind zu bekommen?

Jentsch: Überhaupt nicht. Ich hatte eigentlich nie das Gefühl, ich muss Mutter werden, und dachte auch nicht, dass ich der Typ dafür bin. Irgendwann war der Wunsch da, aber das war nicht lange geplant. (lacht)

teleschau: Sie sind im vergangenen Jahr 40 geworden. Ist das Alter für Sie als Schauspielerin ein Thema?

Jentsch: Ich habe mir dazu keine Gedanken gemacht, sondern nur gemerkt, dass es im Freundeskreis diverse Einladungen zu großen Festen gab. Für viele war dieses runde Datum etwas Besonderes, für mich aber nicht. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich nicht die Zeit hatte, mich ausgiebig diesem Thema zu widmen oder weil ich es nicht will ... Ich glaube aber, dass sich da was verändert hat. Ich sehe auch viele Filme, wo Frauen in reiferen Rollen dabei sind. Von daher bin ich optimistisch. Aber wir sprechen uns dann wieder, so in vier, fünf Jahren ... (lacht)

Von Heidi Reutter

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