David Hasselhoff im Interview
"Ein Witz, der 30 Jahre durchgehalten hat"
Nein, für den Mauerfall sei er natürlich nicht verantwortlich gewesen, auch wenn das immer wieder kolportiert werde: David Hasselhoff glaubt tatsächlich, er müsse Mal um Mal jenen Mythos entkräftigen, demzufolge er als eine Art Superheld aller Ostdeutschen 1989 höchstpersönlich den Weg für die Wiedervereinigung geebnet habe. Was den "Knight Rider"- und "Baywatch"-Star selbstredend nicht davon abhält, sich das historische Jubiläum umfassend zunutze zu machen: mit einem neuen Album namens "Open Your Eyes", einer am 3. Oktober startenden Deutschlandtour - und einem von Amazon produzierten Audible-Hörbuch namens "Up Against The Wall - Mission Mauerfall", das ebenfalls am Tag der Deutschen Einheit erscheint und das kokett beiseitegeschobene Mauermärchen auf die Spitze treibt. Es erzählt - im englischen Original von Hasselhoff und im Deutschen von William Cohn eingesprochen - eine Spion-Verwechslungsstory, die tatsächlich davon handelt, wie "The Hoff" am 9. November 1989 durch Berlin wandelte. Das augenzwinkernde Spiel mit der Mauer hat der Schauspieler und Sänger perfektioniert, auch beim kürzlichen Besuch an den Resten jenes Bauwerks, ohne das seine beispiellose Karriere hierzulande wohl kaum geglückt wäre. Warum die intime Beziehung zwischen ihm und den Deutschen die Jahre überdauert, wie er den Mauerfall wirklich erlebte und ob er die alten Zeiten vermisst, verrät David Hasselhoff im Interview.

teleschau: Man sagt Ihnen eine besondere Verbindung zu den Deutschen nach. Was fühlen Sie, wenn Sie an Deutschland denken?

David Hasselhoff: Es würde sich für mich sehr eigenartig anfühlen, nie wieder in dieses Land zurückzukehren. Einfach nach L.A. zu fliegen und nie wieder hier zu sein. Ich habe so eine starke Verbindung zu Deutschland, zu Berlin. Schon als ich damals, 1989, drüber flog, war ich idiotisch begeistert (lacht). Als ich ankam, lief ich einfach rüber nach Ostdeutschland - weil ich es konnte. Damals wollte ich mitten im Chaos sein, wo alles passiert.

teleschau: Besitzen Sie Andenken aus dieser Zeit?

Hasselhoff: Ja, ich habe ein paar Stücke der Berliner Mauer zu Hause. Außerdem besitze ich ein großes Buch über den Mauerfall. Ich schaue oft rein, die Bilder von damals bewirken viel in mir. Die Menschen, die ihre Verwandten über die Mauer verabschieden. Die Menschen, die erschossen wurden. Die Menschen, die fliehen konnten. Erst kürzlich traf ich einen Mann, der Leute im Kofferraum schmuggelte und schließlich erwischt wurde. Er zeigte mir den Grenzübergang, über den er immer fuhr, er zeigte mir auch das Gefängnis, in dem er saß.

teleschau: Wann hörten Sie zum ersten Mal von dem Mythos, Sie hätten die Mauer höchstpersönlich zu Fall gebracht?

Hasselhoff: Diesen Quatsch hörte ich erstmals auf einem Kanal der BBC. Ich rief sofort an, um mich zu beschweren - schließlich hatte ich nie gesagt, dafür verantwortlich zu sein. Danach ist es zu einer Art Witz geworden. Ein Witz, der 30 Jahre durchgehalten hat.

teleschau: Haben Sie damit umgehen gelernt?

Hasselhoff: Ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Vielleicht sollte ich mich auf den Kopf stellen, um allen zu sagen, dass ich mit dem Fall der Mauer nichts zu tun hatte. Damals sang ich lediglich einen Song, der große Auswirkungen auf viele Ostdeutsche hatte.

teleschau: Sie meinen "Looking for Freedom" ...

Hasselhoff: Alle hörten ihn damals. Neulich erst kam ich vom Dreh zu "Kung Fury 2" aus Bulgarien zurück - auch dort haben sie den Song damals gesungen. Es ist schließlich ein Lied, das von Freiheit handelt.

"Eine Art Hymne"

teleschau: Wie haben Sie das damalige Ostdeutschland in Erinnerung?

Hasselhoff: Ich erinnere mich daran, mit einem Fotografen dort gewesen zu sein. Das Luxushotel, in dem ich untergebracht war, mochte ich nicht. Ich hielt es für zu opulent und dämlich und ordinär. Währenddessen war es draußen schwarz, weiß und grau, niemand war auf den Straßen. Das hielt ich für eigenartig. Als ich aus dem Hotel ging, traf ich drei Mädchen, die mich beim Namen riefen. Ich fragte, woher sie mich kennen - vielleicht "Knight Rider"? Sie antworteten: "Nein, Sie sind der Mann, der von Freiheit singt."

teleschau: Wie nah gehen Ihnen solche Begegnungen?

Hasselhoff: Das war ein Wow-Moment. Von da an sollten Tausende weitere folgen. Ich habe unendlich viele Begegnungen mit Menschen, die mir ihre Geschichten erzählen. Fans aus Gera, aus Rostock, aus Schwerin. Sie erzählen mir, wie "Looking for Freedom" zu einer Art Hymne für sie wurde. Das wird immer so bleiben.

teleschau: Haben Sie sich aus diesem Grund entschieden, nach 30 Jahren mit dem Audible-Hörbuch "Up Against the Wall" eine fiktive Reise zum Mauerfall anzutreten?

Hasselhoff: Erst sollte ich eine Autobiografie schreiben. Aber ich wollte nicht über mich reden. Und sagte: Lasst uns eine Geschichte über das damalige Berlin erzählen. Eine Liebesgeschichte, eine spannende Agentengeschichte. Wichtig ist erst einmal, dass nirgends im Hörbuch gesagt wird, dass ich die Mauer zu Fall gebracht hätte (lacht). Es ist fiktionale Non-Fiction. Einerseits sollte das Hörbuch vor allem unterhaltsam werden. Andererseits aber auch so real von der damaligen Brutalität zeugen, dass die Leute sich zurückerinnert fühlen. Viele Menschen sagen mir oft, dass sie die Zeit nicht noch einmal wiedererleben wollen. Deshalb bin ich nicht sicher, ob diese Zeitzeugen das Hörbuch überhaupt hören werden. Ich kann dennoch nur sagen: Es ist sehr witzig geworden.

teleschau: Gab es Diskussionen darüber, wie viel Humor das Thema verträgt?

Hasselhoff: Wir hätten es natürlich dämlich-lustig machen können, mit dummen Stasi-Typen und blöden Wachleuten. Darauf haben wir verzichtet - und die Charaktere lieber real gestaltet. Real sind die Menschen geraten, ebenso wie etwa die Erfahrung des Todes. Und das Hörbuch beinhaltet enorm viel Tod. Aber auch Hoffnung und Überraschung. Als die Mauer fiel, war schließlich jeder überrascht. Sogar die Ostdeutschen, sogar ich.

"Ich vermisse 'Knight Rider'"

teleschau: Was erhoffen Sie sich von dem Hörbuch?

Hasselhoff: Am liebsten wäre mir, wenn es auch junge Menschen hören würden, die sich nicht um die Mauer scheren. Die dann aber fragen: "Wow, so war das damals also wirklich?" Und Menschen um sie herum, die mit dabei waren, würden weinen und mit "Ja" antworten. Es ist ein wenig wie bei der Großmutter meiner Frau: Sie lebte in London, als die Stadt von den Deutschen bombardiert wurde. Sie musste mit ihrer Familie fünf Jahre in Dunkelheit leben, weil man aufgrund der Bombardements die Lichter ausschalten musste. Ich wusste das nicht - und würde ihren Geschichten gespannt zuhören. Es wäre toll, wenn das Hörbuch so etwas auch bewirken würde. Selbst ich konnte bei der Produktion viel Historisches lernen. Vielleicht können wir sogar eine Serie daraus schaffen.

teleschau: Gibt es etwas, das Sie vermissen, wenn Sie auf die 80er-Jahre zurückblicken?

Hasselhoff: Ich vermisse "Knight Rider"! Das würde ich gern wieder spielen - am liebsten für immer (lacht). Was die Musik angeht, ist das anders - schließlich gehe ich wieder auf Tour, und die Auftritte sind heutzutage noch gigantischer als damals.

teleschau: Sie füllen komplette Stadien ...

Hasselhoff: Stellen Sie sich 65.000 Zuschauer vor! Obwohl ich auch kleinere Konzerte wie in Berlin mag, drei- bis viertausend Menschen, da ist man dem Publikum näher. In so einer Arena sehen die Menschen schon manchmal wie Ameisen aus.

teleschau: Freuen Sie sich auf die Tour?

Hasselhoff: Ja! Erst heute morgen sagte ich zu meiner Frau: "Nach der PR-Reise geht es nun endlich auf Tour!" Es wird ein großer Spaß werden. Und es wird bewegend sein, wieder Menschen zu sehen, die auf die Bühne kommen und weinen und zittern und mir berichten, wie ich ihr Leben verändert habe. Damit geht auch eine Verantwortung einher.

teleschau: Inwiefern wirkt sich das auf Sie aus?

Hasselhoff: Es lässt mich fokussierter bleiben - vor allem, wenn ich keinen Antrieb habe. Oft habe ich, wie alle Menschen, das Gefühl, nicht aus dem Bett zu wollen, nicht an die Arbeit gehen zu wollen. Keine Lust auf einen weiteren Flug, keine Lust auf ein weiteres Autogramm. Manchmal will ich nicht rausgehen, weil da ein Pulk von 50 Menschen wartet. Oder ich möchte mein Gepäck am Flughafen nicht holen, weil ich mich die ganze Zeit in einer Ecke verstecken muss. Oder mich in die VIP-Lounge zurückziehen, nur um auf einen Mann zu treffen, der mich anspricht: "Ich habe so etwas noch nie gemacht, aber darf ich ein Foto machen? Sie sind der Held meiner Kindheit!" (lacht).

Von Maximilian Haase

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