John Boyega im Interview
"Ich habe vor niemandem Angst"
Ein desertierender Stormtrooper, der sich auf die Seite der Rebellen schlägt? Das hatten "Star Wars"-Fans vor "Das Erwachen der Macht" noch nicht gesehen. John Boyega zeigte den Anhängern der Sternensaga in seiner Rolle des Finn, dass auch hinter Imperiums-Schergen mitfühlende Menschen stecken können - und eroberte so die Herzen des Publikums. Nach vier Jahren und einem kometenhaftem Aufstieg geht mit dem Abschluss "Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers" (Kinostart: 18. Dezember) das Abenteuer nun auch für den gebürtigen Londoner zu Ende. Der "Star Wars"-Ruhm bescherte dem Sohn britisch-nigerianischer Eltern schon vor dem Abschluss der Trilogie Hollywood-Rollen in Filmen wie "Pacific Rim: Uprising" (2018) und "Detroit" (2017). Mit gerade einmal 27 Jahren scheint der junge Engländer, der auch als Filmproduzent arbeitet, noch eine große Karriere vor sich zu haben. Wie er das "Star Wars"-Finale erlebte und wie er mit weniger freundlichen Reaktionen umgeht, erklärt John Boyega im Interview.

teleschau: Wie war der letzte Drehtag von "Star Wars" für Sie?

John Boyega: Es war unglaublich. Zunächst fielen die Leute wie die Fliegen: Einer nach dem anderen hatte seine letzte Szene und wurde mit viel Applaus bedacht. Daisy Ridley war diejenige mit der allerletzten Szene - und ich wartete auf sie. Dann gab es eine Rede, und wir tauschten Geschenke aus. Später dann machten wir eine Abschlussparty mit allen zusammen.

teleschau: Wird es in den kommenden geplanten "Star Wars"-Produktionen eventuell ein Wiedersehen geben?

Boyega: Unsere Verträge laufen jetzt aus. Mit den ganzen Produktionen für Disney+ haben wir nichts mehr zu tun.

teleschau: Finden Sie das schade?

Boyega: Es ist natürlich traurig, dass die Zusammenarbeit mit all den Menschen nun ein Ende findet. Ich habe in den letzten Jahren immer meine Pläne an "Star Wars" ausgerichtet. Das muss ich jetzt plötzlich nicht mehr.

teleschau: Dafür haben Sie nun mehr Freiheiten ...

Boyega: Klar, das ist alles sehr aufregend. Während der gesamten Zeit, die ich mit dem "Star Wars"-Franchise beschäftigt war, habe ich natürlich nach außen geschielt und die spannenden Dinge gesehen. Und dann dachte ich: Oh, ich will mit Jordan Peele arbeiten oder mit Steve McQueen! Auch wenn ich euch alle liebe - ich will nach draußen! (lacht) Nun ist der Moment gekommen.

teleschau: In dem engen Stormtrooper-Anzug in der Wüste zu drehen, werden Sie sicher nicht vermissen?

Boyega: Das war in "Star Wars 7" wirklich schrecklich! Ich klebte in diesem Kostüm und musste rennen und springen und Actionszenen drehen. Die Wüstenszenen in "Star Wars 9" hingegen waren einfacher, weil ich daran gewöhnt war. Ich war fitter und gesünder und wusste, wie es läuft. Ich wusste, was zu tun ist, und ich kannte all die Gesichter.

"Ich will ein paar Leute verkloppen"

teleschau: Welche Momente waren Ihnen beim Dreh am liebsten?

Boyega: Der physische Part war für mich überraschend einfach. Ich machte eine Menge Dinge, von denen ich nicht gedacht hätte, sie leisten zu können. Allerdings haben wir für diesen Film auch am härtesten trainiert. Ich musste zum Beispiel auf Pferden reiten, was ich vorher noch nie gemacht hatte.

teleschau: Gab es an den "Star Wars"-Sets eigentlich ernsthafte Verletzungen?

Boyega: Abgesehen von Harrison Fords schlimmer Fußverletzung gab es nur das Übliche: kleine Schnitte, blaue Flecken, schmerzende Körperteile. Deshalb muss man im Training bleiben.

teleschau: Lässt man den körperlichen Druck außer acht, bleibt da noch der psychische: Wie sehr beeinflusst Sie die hohe Erwartungshaltung der Fans?

Boyega: Nachdem ich im Trailer zu "Star Wars 7" zu sehen war, beschwerten sich viele. Aber das hat mich gestärkt. Von diesem Zeitpunkt an konnte ich damit umgehen und mein Leben ehrlich leben. Ich habe vor niemandem Angst.

teleschau: War es so schlimm?

Boyega: Es war schon sehr viel. Heute ist das nicht mehr so, aber im Blick zurück muss ich sagen, dass ich damals nicht daran gewöhnt war, der Öffentlichkeit so ausgesetzt zu sein. Das war eine große Welle für mich.

teleschau: Hat sich da die Ablehnung des Films mit Hass auf Ihre Person vermischt?

Boyega: Ich unterstütze die Fans, die vielleicht etwas an einem Film nicht mögen - das aber auf eine angemessene Weise ausdrücken. In den sozialen Medien antworte ich darauf oft. Aber ja, ich bekam auch toxische Reaktionen zu hören.

teleschau: Sind Sie in den letzten Jahren trotzdem zum "Star Wars"-Experten geworden?

Boyega: Nein! Das würde ich niemals behaupten (lacht). Das Franchise und das Universum dehnen sich in jedem Moment weiter und weiter aus, sie werden immer größer. Und ich habe leider nicht die Zeit, die ich gern hätte, um mich mit all dem zu beschäftigen.

teleschau: Wie war es, wieder mit J.J. Abrams zu arbeiten?

Boyega: Sehr gut, wir haben ihn vermisst! Er sah uns ja ein wenig wie seine Kinder an (lacht).

teleschau: Konnten Sie Ihren Charakter Finn diesmal ein wenig mitentwickeln?

Boyega: Ich sagte zu J.J. Abrams: Bislang war die Story ja schon cool, aber ich will ein paar Leute verkloppen - also schreib mir ein paar gute Szenen! (lacht) Man kann Finn nicht ohne Erfüllung seiner Ziele lassen. Wir waren uns einig: In diesem Film ist sich Finn seiner Sache sicher und hat keine andere Wahl, als auf Seite der Rebellen zu stehen.

teleschau: Sie fungieren seit einiger Zeit auch selbst als Filmproduzent. Wie wählen Sie Ihre Projekte aus?

Boyega: Ich produziere, was ich gern selbst schauen würde. Etwa Themen, die sich mit meiner Abstammung befassen. Wir entwickeln Stoffe, die sich um Minderheiten drehen, um schwarze Menschen oder um das Leben und die Geschichte Westafrikas etwa. Aber auch epische Stoffe, Fantasy-Filme.

Von Maximilian Haase

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