Dev Patel wird 30
Vom "Slumdog Millionär" zum Superstar
Ein größeres Kompliment kann man einem Schauspieler, der in seinen Rollen immer wieder das Tragische mit dem Komischen verbindet, kaum machen. Als er die ersten Probeaufnahmen zu seiner Dickens-Verfilmung "The Personal History of David Copperfield" drehte, habe ihn Dev Patel an Charlie Chaplin erinnert, sagte Regisseur Armando Iannucci vor Kurzem im Interview mit dem britischen Fernsehsender Channel 4. Der Film, der in Großbritannien bereits Anfang des Jahres in den Kinos lief und hierzulande im September starten soll, ist beileibe nicht die erste Verfilmung des Bildungsromans aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber die vielleicht ungewöhnlichste. Regisseur Iannucci, Erfinder der HBO-Serie "Veep" und Macher von komödiantischen Großwerken wie "The Death of Stalin", hat in "David Copperfield", wie er sagt, "das 21. Jahrhundert" entdeckt - und die Hauptrolle mit einem Schauspieler besetzt, der schon allein aufgrund seiner Herkunft das moderne Großbritannien repräsentiert.

Vor 30 Jahren, am 23. April 1990, kam Dev Patel im Londoner Stadtteil Harrow zur Welt. Seine Eltern, in Kenia geborene Inder, waren als Jugendliche nach England gekommen. Rayners Lane, die Gegend, in der Patel in den 90er-Jahren aufwuchs, ist ein typisches Londoner Einwandererviertel; jeder Dritte Bewohner hier ist Hindu. Dennoch: "Ich weiß, wie es sich anfühlt, ein Außenseiter zu sein", sagte Patel im Channel-4-Interview. Ein Außenseiter, wie David Copperfield einer ist, "ein junger Mann, der seine Herkunft akzeptieren muss".

In Rollen wie diese schlüpfte Patel immer wieder. Im Jahr 2006 stand er zum ersten Mal vor der Kamera, für die Fernsehserie "Skins". Patel spielte einen Muslim mit pakistanischen Wurzeln, der zu Hause, in seiner streng religiösen Familie, so tat, als betete er fünfmal am Tag gen Mekka, während er in Wirklichkeit lieber Drogen nahm und Schweinefleisch aß. Seinen Durchbruch feierte Patel wenig später, wieder in einer Außenseiter-Rolle: In Danny Boyles "Slumdog Millionär" rührte er als Straßenjunge aus Bombay, der in der indischen Version von "Wer wird Millionär?" ganz groß abräumt, ein Millionenpublikum zu Tränen. Und aus der Filmromanze zwischen dem von Patel gespielten "Slumdog" und Freida Pinto, die seine Jugendliebe Latika spielte, wurde gar eine echte Beziehung.

König Artus' Neffe

Eine seiner schönsten Rollen hatte Dev Patel in der sympathischen Komödie "Best Exotic Marigold Hotel", für die er sich - welch Ironie! - einen indischen Akzent zulegen musste, spielte er hier doch den Besitzer einer völlig heruntergekommenen Absteige in Jaipur. Und in "Hotel Mumbai", der filmischen Aufarbeitung des Terrorangriffs auf das Taj Mahal Palace Hotel im Jahr 2008, gab Patel einen heldenhaften Kellner - wieder mit indischem Zungenschlag. In seinen Filmen ist Patel ein Wanderer zwischen den Welten, zwischen seiner britischen Heimat und der seiner Eltern. In "Lion - Der lange Weg nach Hause" hat er diese Zerrissenheit so gut gespielt, dass er für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert wurde. In dem gefeierten Drama schlüpfte Patel in die Rolle eines jungen Mannes, der in Australien bei Adoptiveltern lebt, eines Tages aber nach Indien aufbricht, um nach seiner leiblichen Mutter zu suchen. Während des Drehs lernte er Tilda Cobham-Hervey kennen, seine heutige Partnerin.

"Leute, die aussehen wie ich", hätten es nicht leicht in der Filmindustrie, hat Patel vor ein paar Jahren im Interview mit der "FAZ" gesagt. Man habe ihn oft auf Klischees festlegen wollen, auf die Rolle des "ulkigen Inders" etwa. Dass er nun den David Copperfield spielt, eine der bedeutendsten Figuren der britischen Literatur, zeigt, wie wandelbar Patel wirklich ist. In seinem nächsten Film, dem Fantasywerk "The Green Knight", spielt er gar eine Gestalt der britischen Mythologie: Gawain von Orkney, den Neffen des legendären König Artus. Die Herkunft seiner Eltern, so scheint es, sie spielt mittlerweile keine Rolle mehr, wenn Dev Patel Rollen angeboten werden. Oder, wie "David Copperfield"-Regisseur Iannucci sagt: "Er ist ein Naturtalent."

Von Sven Hauberg

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