Italienischer Sänger, Schauspieler und TV-Moderator
Widerspenstig, irritierend und nicht zu fassen: Adriano Celentano wird 85
Eine wunderschöne Frau steht tropfnass vor der Haustür eines Junggesellen. Sie sagt: "Würden Sie mich bitte reinlassen? Hier draußen regnet's." Er erwidert: "Hier drinnen nicht." Das ist eine Szene aus "Der gezähmte Widerspenstige" (1980) - in den Hauptrollen: Ornella Muti und Adriano Celentano. Abgesehen davon, dass die Dame den Herrn nicht nur im Film, sondern auch im Privatleben dann doch noch rumgekriegt hat (oder im Privatleben er sie): Diese Szene sagt gar nicht so wenig aus über den italienischen Schauspieler, Sänger, Regisseur und Fernseh-Moderator Celentano, der am 6. Januar 85 Jahre alt wird.

Zum einen: Sowohl der Mann im Film als auch Celentano selbst sind Prototypen des italienischen Machos. Das beginnt schon bei dem oft zitierten Satz: "Ich bin sympathisch. Und das wirkt schöner. Man muss nur an sich glauben!" Daraus spricht nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch eine Lässigkeit. Diese setzt sich fort in seiner Stimme und seinen Songs. Beide sind, nun ja, ziemlich einmalig. Seine Hits, allen voran den Klassiker "Azzurro", singen nicht nur Italiener lauthals mit. In seiner Heimat ist er - Schätzungen zufolge - bis heute tatsächlich der Allergrößte: Über 150 Millionen Platten soll Celentano verkauft haben, sein bislang letztes Album "Le migliori" (2016), das er gemeinsam mit Sängerin Mina aufnahm, erhielt in Italien siebenfach Platin.

Adriano Celentano: Schon immer irritierend komisch

Dass er diesen Erfolg nicht alleine feierte, passt zu ihm: Von Frauen lässt sich Celentano seit jeher gerne rumkriegen. 1980 funkte es privat zwischen ihm und Ornella Muti. Und das, obwohl der Mann mit dem schütteren Haupthaar und dem ausgeprägten Beißwerkzeug zu diesem Zeitpunkt schon seit 14 Jahren verheiratet war und drei Kinder hatte. Und was macht Celentano? Geht in die Offensive und bittet in aller Öffentlichkeit seine Familie um Verzeihung. Passt zum zweiten Erfolgsfilm mit Muti: "Gib dem Affen Zucker!" (1981). Wieder eine windelweiche Komödie voller Kalauer und Klamauk, aber was soll's? Celentanos Karriere wurde seit eh und je belächelt: Und das, obwohl er in einem der europäischen Filmklassiker der Sparte "Empörung im katholischen Italien" mitspielte, in Federico Fellinis "La dolce vita". Er ist dort der Rocksänger, der so bewegungslos und cool sein Programm abspult, dass es schon wieder irritierend komisch ist.

Für Irritationen sorgte Celentano schon immer. Das ging schon damit los, dass er in der fünften Klasse die Schule verließ und in die Fußstapfen seines Vaters trat - als Uhrmacher. Doch die innere Uhr schlug dann doch schneller: Erste Versuche als Komiker und Imitator in Mailänder Kabarettclubs, 1956 die Gründung seiner Band I Rock Boys - also vier Jahre vor seinem Kurzauftritt bei Fellinis "La dolce vita" -, 1957 Beginn seiner Solokarriere. Durch seinen ersten Erfolg, der Nummer "Il tuo bacio é come un rock", wurde Fellini auf den 19-Jährigen aufmerksam.

Celentano - der italienische Gottschalk

Aber auch wenn Celentano hierzulande als Musiker und Schauspieler bekannt wurde: Seine eigentliche Begabung ist die des Fernseh-Entertainers. Da ist er ganz in seinem Element, hatte als eine Art italienischer Gottschalk mit politischem Biss brillante Auftritte und Quoten. In Italien kann sich jeder an seine RAI-Show "Fantastico" erinnern, die Ende der 80er-Jahre startete. Celentano kassierte umgerechnet zwei Millionen Euro, sprach praktisch über alles, kritisierte Politiker, plädierte für Atomausstieg und gegen die Umweltzerstörung. Die Fernsehmacher waren jeden Samstag höchsten Gefühlsschwankungen unterlegen: Wann kommt die nächste Strafanzeige? Oder fordert Celentano wieder das Publikum auf, den Fernseher - "für den Frieden"- fünf Minuten lang abzuschalten?

Ähnliches galt für seiner 2005er-Show "Rock-Politik": Niemand konnte sicher sein, wie Halbgott und Medienmogul Berlusconi reagiert, wenn Celentano erneut über ihn wettert. Einige Zeit feierte ihn die Linke wegen dieser Haltungen. Doch dann drehte der praktizierende Katholik den Spieß wieder um, zeigte sich tief betroffen ob Abtreibung und Homosexualität - um nach gehörigen Protesten der "Modernen" wieder ein wenig unentschlossen zurückzurudern.

Adriano Celentano: Lautstarker Kommentator in den Sozialen Medien

Gänzlich wettmachen konnte er das aber erst 2012: Im Februar schimpfte Celentano beim Festival in San Remo massiv gegen die katholische Presse und den Verfassungsgerichtshof seines Heimatlandes. Erstere spreche dauernd von Politik und nicht von Gott, Letzterer hatte zuvor ein Volksbegehren zur Änderung des Wahlrechts abgeschmettert. 14 Millionen Zuschauer waren begeistert vor ihren Fernsehern, eine Stunde lang Celentano ohne Punkt und Komma! Keine Werbe-Unterbrechungen - das hatte sich der TV-Titan vertraglich zusichern lassen. Und natürlich gab er seine Themen vorab nicht preis.

2019 überraschte Celentano dann erneut sein Publikum - mit einer von ihm erdachten Zeichentrickserie: Zehn Jahre lang hatte die Produktion von "Adrian" aufgrund von diversen Streitigkeiten gedauert. Doch die Geschichte von Adrian, einem Uhrmacher, der im Mailand des Jahres 2068 gegen ein autoritäres Regime kämpft, fand weder großen Zuspruch beim TV-Publikum noch bei den Kritikern.

Dass er sich seit Jahren weitgehend aus der (TV-)Fernsehöffentlichkeit zurückgezogen hat, heißt allerdings nicht, dass Celentano verstummt ist: Über seine Social-Media-Kanäle meldet sich der 85-Jährige immer wieder kontrovers und meinungsstark zu Wort. Seit 2013 unterstützt er die systemkritische Fünf-Sterne-Bewegung des ehemaligen Komikers Beppe Grillo, im Wahlkampf 2022 machte er allerdings Werbung für den Sozialdemokraten Enrico Letta. Zuletzt postete er im Dezember 2022 ein Bild von sich auf einem Rasenmäher und den Worten "Chi non lavora ... Comunque non si abbandona" - auf Deutsch "Wer nicht arbeitet ... gibt sich trotzdem nicht auf", was als Kommentar für ein bedingungsloses Grundeinkommen gewertet wurde. Was einmal mehr zeigt: So richtig zu fassen ist Celentano bis heute nicht - in jeder Hinsicht.

Von teleschau

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