All Eyez on Me
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 15.06.2017
Regisseur: Benny Boom
Schauspieler: Demetrius Shipp Jr., Danai Gurira, Kat Graham
Entstehungszeitraum: 2017
Land: USA
Freigabealter: 12
Verleih: Constantin
Laufzeit: 140 Min.
Gangsta's Paradise
Waren The Notorious B.I.G. und 2Pac die besten Rapper aller Zeiten? Abschließend beantworten lässt sich diese Frage wohl nie. Klar ist trotzdem, dass ihre eng verwobenen Biografien, die beide mit einem viel zu frühen Tod Mitte der 90-er endeten, zu den spannendsten Geschichten gehören, die man über HipHop erzählen kann. So war es nach "Notorious" (2009), einem Film über B.I.G., nur eine Frage der Zeit, bis auch die andere Hälfte der Ostküsten-Westküsten-Tragödie erzählt wird. "All Eyez on Me" heißt das Musikdrama, in dem der Weg von Tupac Shakur nachgezeichnet wird.

1995: Tupac Shakur (Demetrius Shipp Jr.) sitzt nach einer Verurteilung wegen sexueller Belästigung im Gefängnis - gleichzeitig erklimmt sein Album "Me Against The World" die Spitze der US-Charts. Ist es ein Wunder, dass sich Journalisten um ein Interview mit ihm reißen? In zahlreichen Gesprächen, die den Rahmen für das Biopic bilden, erklärt der damals 24-Jährige den Reportern, wie er in diese Situation gekommen ist.

Geboren wurde er 1971 in New York, seine politisch engagierte Mutter (Danai Gurira) und sein Stiefvater Mutulu Shakur (Jamie Hector) erziehen ihn im Black-Panther-Umfeld. Früh bläuen sie dem Sohn ein, dass es sich lohnt, für eine Sache einzutreten und sich zu nehmen, was einem zusteht. Nach einiger Zeit der FBI-Überwachung und einem Leben in ständiger Angst, wird Mutulu festgenommen, die Mutter verfällt Depression und Drogen und schickt den Theater spielenden Sohn und seine kleine Schwester nach Kalifornien. Erst dort kann Tupac seine Lyrik langsam, aber sicher ausformulieren und entwaffnend ehrliche Musik daraus machen. Eine der größten Musikerkarrieren der Moderne, in der Sex, Drogen und Gewalt ständige Begleiter sind, nimmt seinen Lauf.

Ein zwar sehr kurzes, aber von unzähligen positiven und negativen Höhepunkten durchzogenes Leben in einem Biopic abzubilden, ist eine Aufgabe, an der schon ganz andere Regisseure als Musikvideomacher Benny Boom gescheitert sind. Während die Jahre bis zur Volljährigkeit teilweise in seltsam kalten, einminütigen Szenen abgearbeitet werden, bekommen vermeintlich ikonische Studiosessions und Auftritte überdurchschnittlich viel Platz eingeräumt. Die Entscheidung, sich auf die Musik zu konzentrieren, ist bei einem Rapper eine durchaus nachvollziehbare. Aber gerade bei einer von Idealismus und Loyalität geprägten Biografie erscheint doch die Person hinter den Texten das interessantere Thema zu sein. Der Kompromiss, den "All Eyez On Me" sucht, befriedigt weder die eine noch die andere Seite.

Ähnliches gilt auch für Demetrius Shipp Jr., der zwar alle Facetten von Wut über Zweifel bis zur musikalischen Performance glaubwürdig abzubilden weiß. Trotzdem scheint beim Casting das Augenmerk vor allem auf optische Ähnlichkeit und solides Schauspiel gelegt worden zu sein denn auf etwas Tiefergehendes. Wer Originalaufnahmen von Tupac gesehen hat, weiß um dessen unglaubliches Charisma, das der recht unerfahrene Hauptdarsteller nicht rüberbringt. Überhaupt: Insgesamt wirkt die Filmfigur manchmal etwas einfältig, fast opportunistisch, was sich so gar nicht mit den eloquent ausformulierten Texten des Ghetto-Gospel-Lyrikers deckt.

Hinzu kommt ein gewisses Pathos, das in vielen Dialogen mitschwingt und die Eindimensionalität der Figuren unterstreicht. Etwas wird diskutiert, eine Person ergreift das Wort, hält einen flammenden Monolog, und dann ist das eben so und wird nicht weiter hinterfragt. Das lässt den Zuschauer manchmal kopfschüttelnd zurück und macht das Sympathisieren mit den Figuren sehr schwer. Erst gegen Ende nimmt der Film sich genügend Zeit, die Tragödie zu erklären, die mit Tupacs Ermordung im September 1996 endet. Dann endlich berührt der Film.

"All Eyez On Me" ist kein Reinfall. Dafür ist die Biografie eines der größten Künstler der HipHop-Geschichte zu interessant, der Soundtrack zu ikonisch. Doch wo in "Notorious" der Person The Notorious B.I.G. genügend Freiraum gegeben wurde, um sich als wankelmütigen, reflektierten Künstler zu zeigen, ist das Tupac-Biopic zu sprunghaft, zu seltsam getimt, um mehr zu sein als mäßig unterhaltsam. Allein die Auseinandersetzung mit den beiden Legenden Biggie und 2Pac rechtfertigt beide Filme, denn zu den besten Rappern aller Zeiten gehören beide ohne Frage.

Von Arne Lehrke

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