Filmbewertung: | ausgezeichnet |
Starttermin: | 31.08.2017 |
Regisseur: | Jon Nguyen, Rick Barnes |
Schauspieler: | David Lynch |
Entstehungszeitraum: | 2016 |
Land: | USA / DE |
Freigabealter: | 0 |
Verleih: | NFP |
Laufzeit: | 88 Min. |
Etwa, als Lynch jene Geschichte von der blutverschmierten Frau teilt, die er - wir sind noch immer in Idaho - eines Tages vor dem elterlichen Haus erblickte. Das Grauen, das unvermittelt hereinbricht ins spießige Kleinstadtleben - "Blue Velvet", was sonst? Oder jener Satz, dass seine ganze Welt damals nur ein paar Blocks groß war - unweigerlich taucht da die klar umrissene Welt von "Twin Peaks" wieder auf. Natürlich ist das pure Kaffeesatzleserei, aber das Herumstochern im Nebel gehört eben zum Phänomen David Lynch. Und natürlich ist es müßig zu diskutieren, ob Lynch, der in diesem Film stets so aussieht, wie man sich Lynch eben vorstellt (wilde Haartolle, Kippe in der Hand, im kreativen Chaos sitzend), hier nun immer die Wahrheit erzählt oder doch nur zur eigenen Legendenbildung beiträgt. Überhaupt: Was macht das für einen Unterschied?
Entstanden ist der Film von Olivia Neergaard-Holm, Rick Barnes und Jon Nguyen mithilfe einer Kampagne beim Crowdfunding-Portal Kickstarter, finanziert von Fans. Und so ist die Dokumentation auch ein Film geworden, an dem vor allem Menschen eine Freude haben werden, die das Wort "lynchesk" zu ihrem Vokabular zählen. Denn im Mittelpunkt steht nicht David Lynch, der Macher von Erfolgsfilmen wie "Der Elefantenmensch" und "Mulholland Drive", sondern David Lynch, der Künstler. Sein letzter Spielfilm, "Inland Empire", entstand vor mehr als zehn Jahren; seitdem hat der 71-Jährige mehrere sehr seltsame Alben eingespielt und noch seltsamerer Kunstwerke geschaffen. Für einen echten "Lynch" muss mittlerweile ein guter fünfstelliger Betrag hingeblättert werden. Dass schon vor Lynchs filmischen Schaffen die Malerei stand und wie sich beides beeinflusste, zeigt "The Art Life" eindrucksvoll.
In ausführlichen Interviews spricht David Lynch über seinen Werdegang, erzählt, wie ihm die Begegnung mit einem Maler bewusst machte, dass ein "art life", ein Leben als Künstler, möglich ist. Zum Studieren zog er schließlich nach Philadelphia. Eine furchtbare Stadt, erinnert er sich, voller Angst und Depression und Verrückten. Eine davon war eine Frau im Nachbarhaus, die auf allen Vieren durch den Garten kroch und gackerte und behauptete, sie wäre ein Huhn.
Und er erzählt von einem seiner Bilder, das er damals malte, und das sich vor seinen Augen zu bewegen begann. "A moving painting" nennt Lynch das. Wenig später dann ein Besuch im Leichenschauhaus, um Mitternacht, und Lynch erinnert sich, wie er sich damals fragte, was all jene Toten wohl für Geschichten zu erzählen hätten. Die bewegten Bilder beginnen zu sprechen. Und so wird die ganz persönliche Erweckungsgeschichte des David Lynch zu einer kleinen Geschichte des Films an sich.
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