Filmbewertung: | überzeugend |
Starttermin: | 12.10.2017 |
Regisseur: | Michael Haneke |
Schauspieler: | Isabelle Huppert, Jean-Louis Trintignant, Mathieu Kassovitz |
Entstehungszeitraum: | 2017 |
Land: | F / AT / D |
Freigabealter: | 12 |
Verleih: | X Verleih |
Laufzeit: | 108 Min. |
Schauplatz des Geschehens ist Calais, wo die Familie Laurent eine erfolgreiche Baufirma betreibt. Deren Chefin ist die unterkühlte, taffe Anne (wie immer kontrolliert: Isabelle Huppert), die ihren Sohn Pierre (gespielt vom deutschen Ausnahme-Talent Franz Rogowski) als Geschäftsführer eingesetzt hat. Allerdings kriegt er nichts auf die Reihe und hat mit den eigenen Dämonen zu kämpfen.
Das gilt in anderer Weise auch für Annes Bruder Thomas (Mathieu Kassovitz), dessen Ex-Frau einen Suizidversuch unternommen hat. Die gemeinsame, zwölfjährige Tochter Eve (Fantine Harduin) ist deshalb in die Villa der Laurents eingezogen, wo sie der Affäre des lieblosen Vaters auf die Schliche kommt. Geborgenheit und das Gefühl von Zugehörigkeit wird sie dort nicht finden, weil jeder im Haus mit sich selbst beschäftigt ist. Das gilt auch für den groben, selbstgerechten Patriarchen Georges (Jean-Louis Trintignant), dem Vater von Anne und Thomas, der mit seinem Leben abgeschlossen hat.
Michael Haneke entwirft in seinem zynisch betitelten "Happy End" ein sehr nuanciertes, gänzlich empathiefreies Psychogramm einer dysfunktionalen Familie. Sie ist letztlich beispielhaft für unsere egozentrische Gesellschaft, in der sich die Kluft zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet und jeder sich selbst der Nächste ist. Auch die Flüchtlingsfrage wird am Rande thematisiert: In der Hafenstadt Calais stranden immer wieder Afrikaner, die als billige Arbeiter herhalten müssen und die der Taugenichts Pierre ausgerechnet zum Geburtstag seines Großvaters anschleppt.
Darüber hinaus hat der Film auch eine andere erzählerische Ebene, die sich lange nicht einordnen lässt: Kleine, im Hochformat gedrehte Handy-Filmchen aus dem Familienleben unterbrechen immer wieder die eigentliche Handlung, ohne dass man zunächst weiß, wer diese Videos eigentlich dreht. Der Voyeurismus dieser Clips, in denen beispielsweise einem Hamster Tabletten verabreicht werden, löst Beklemmung aus. Sie sind genauso unpersönlich wie das Klima, das in der Villa der Laurents herrscht. Filmisch transportiert sich die Gefühlskälte über totale Einstellungen - ein Stilmittel, das auch der Österreicher Ulrich Seidl gerne benutzt, allerdings mit einem grotesken Effekt. Familie kann die Hölle sein.
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