Eleanor & Colette
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 03.05.2018
Regisseur: Bille August
Schauspieler: Hilary Swank, Helena Bonham Carter, Jeffrey Tambor
Entstehungszeitraum: 2017
Land: D / B
Freigabealter: 12
Verleih: Warner Bros. Entertainment GmbH
Laufzeit: 115 Min.
Schreie im Dunkeln
"Bitte lasst mich raus! Bitte! Ich muss zur Toilette! Bitte!" Vor Verzweiflung brüllt sich Eleanor Riese (Helena Bonham Carter) in der Isolierzelle die Kehle aus dem Leib. Doch ihre Schreie verhallen ungehört auf den nächtlichen, leeren Gängen der psychiatrischen Klinik, in die sich Eleanor einst selbst eingewiesen hat. Wie in vielen Nächten zuvor wird sie unter sich machen - eine Folge der Überdosierung ihrer Medikamente, gegen die sie sich bislang vergeblich wehrt. Gegen die Finsternis, in die Eleanor verbannt ist, setzt das Medizin- und Gerichtsdrama "Eleanor & Colette" schon bald das kalifornische Sonnenlicht der Hoffnung, dessen Botschafterin die tüchtige Anwältin Colette Hughes (Hilary Swank) sein wird. Solche Polaritäten sind eigentlich schon der ästhetische Höhepunkt des Films. Für den wahren Fall, auf dem er beruht und der Medizingeschichte geschrieben hat, ist er wenig aufregend. Und für die Geschichte einer Freundschaft, die er sein will, etwas unterkühlt.

Im Fokus der Aufmerksamkeit steht das ehrenwerte Anliegen, an den Mut zweier Frauen zu erinnern, die Anfang der 1980er-Jahre mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen, aber gemeinsam, gegen ärztliche Bevormundung zu Felde gezogen sind. Angenommen, die wichtigen Details des Films stimmen, dann scheint Eleanor Riese pures Glück gehabt zu haben, dass sie in einem günstigen Moment aus der Klinik mit einer Patientenberatungsstelle telefonieren konnte. Von Colette Hughes erfährt sie, dass allein im Bundesstaat Kalifornien sehr viele Patienten ihr Schicksal teilen. "Ich kämpfe für 150.000 Menschen", verkündet Eleanor stolz bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Tatsächlich stößt die Klage, die Colette für den Rechtsprofessor und Staranwalt Mort Cohen (Jeffrey Tambor) vorbereitet, auf erheblichen Widerstand aus dem Gesundheitssystem. Und das Gericht in San Francisco lehnt in erster Instanz den Antrag ab, psychiatrischen Patienten Mitspracherecht bei ihrer Behandlung einzuräumen. Schon diese erste Etappe strengt Eleanor enorm an. Die chronischen Beschwerden aufgrund wissentlich falscher medikamentöser Therapie machen es ihr fast unmöglich, die 55 Stufen - daher der Originaltitel "55 Steps" - zum Gerichtssaal hinaufzusteigen. Es bedarf schon der geduldigen und ausdauernden Colette, damit Eleanor durchhält.

Juristisches Tauziehen und die menschlichen Verknotungen bilden eigentlich reichhaltige Nahrung für Drehbuchautoren. Nicht jedoch für Mark Bruce Rosin, aus dessen Feder "Eleanor & Colette" geflossen ist. Es raschelt papieren nach Schreibschule, wenn günstige Wendungen stets mit mysteriösem Lächeln oder Bitten um das Öffnen dieses oder jenes Umschlags Verkündigung finden. Das Verhältnis der beiden Frauen bleibt in dem Schema, dass Gegensätze sich anziehen und einander stabilisieren. Die fromme Katholikin Eleanor leidet zwar an paranoider Schizophrenie, hat aber trotzdem Lebensweisheiten für die allzu kontrollierte Colette parat. Der Umgang ist warmherzig, aber die Temperatur von Freundschaft erreicht er nicht.

Die weiblichen Stars spielen eher routiniert als engagiert. Der dritte Star im Kreativ-Team, Regisseur Bille August, berühmt geworden durch Literaturverfilmungen wie "Nachtzug nach Lissabon", "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" und "Das Geisterhaus", schiebt eine ruhige Kugel. Bei "Eleanor & Colette" zählt eben in erster Linie die Botschaft.

Von Andreas Günther

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