Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes
Filmbewertung: ausgezeichnet
Starttermin: 14.06.2018
Regisseur: Wim Wenders
Schauspieler: Papst Franziskus
Entstehungszeitraum: 2018
Land: I / D / CH / F
Freigabealter: 0
Verleih: Universal Pictures
Laufzeit: 96 Min.
Die Kraft des Guten
Eines Tages flatterte ein Schreiben mit dem imposanten Briefkopf des Vatikans in Wim Wenders' Büro am Prenzlauer Berg in Berlin. Der Medienchef des Papstes, ein studierter Filmwissenschaftler, machte der deutschen Regielegende ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte. Ob sich Wenders vorstellen könne, einen Film über Papst Franziskus zu drehen? Konnte er - und das sogar mit völlig freier Hand. Vier Gespräche mit Franziskus über jeweils zwei Stunden bilden das Zentrum des Dokumentarfilms. Alle großen Themen - die Ungleichheit zwischen Arm und Reich, der Klimawandel, religiöse Kämpfe, Missbrauch, Barmherzigkeit, Liebe - der Papst bietet in einfachen, klaren Worten einen Kompass und vermittelt eine Utopie, wie das Leben auf der Erde sehr viel besser werden könnte. Klingt naiv, erzeugt im Kino aber eine ungeahnte, intensive Kraft.

Wenn Wim Wenders einen Dokumentarfilm dreht, kommt immer eine Hommage dabei heraus. "Buena Vista Social Club" feierte die alte Folk-Musik Kubas und ihre wichtigen Protagonisten. "Pina" setzte der großen Wuppertaler Tanzchoreografin Pina Bausch ein Denkmal. Auch "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" nähert sich dem aktuellen Papst, dem revolutionärsten seit vielen Jahrzehnten, sehr wohlwollend. Der Papst, ein von der südamerikanischen Befreiungstheologie inspirierter Religionsführer, predigt eine Kirche der Armen. Er steht für Ausgleich, Liebe und Barmherzigkeit. Selbst Kritiker finden wenig Makel an ihm, außer vielleicht, dass er den Kampf gegen verkrustete Strukturen in Vatikan und katholischer Kirche nicht radikal genug führen würde. Trotzdem, da ist sich die Fachwelt einig, hat der Mann schon eine Menge erreicht.

Wenders porträtiert Franziskus nicht als Kirchenführer oder Repräsentanten eines Apparates, sondern als Menschen, der eine Utopie verfolgt. Dabei erscheint der argentinische Charismatiker überlebensgroß auf der Leinwand. Er blickt und spricht den Kinobesucher direkt an. Es war Wenders' Idee, bei den Ortsterminen im Vatikan mit dem Papst nur über einen Monitor zu kommunizieren, der auf oder unter der Kamera montiert war. So ergibt sich der Effekt einer direkten Ansprache des Kinogängers. Kontrastiert werden die Worte des Papstes mit Bildern von Begegnungen und Reisen. Das meiste Material, wie immer bei Wenders musikalisch sehr effektvoll untermalt, stammt von den Kameras des Vatikans, die jeden Schritt, jedes Wort des Papstes aus nächster Nähe akribisch aufzeichnen. So entsteht der Eindruck, Wenders wäre mit einer Handkamera ausgestattet neben Franziskus stehend auf einem Wagen mitgefahren oder neben ihm durch Slums und andere Krisengebiete gelaufen.

Auch das sind ob der vermittelten Nähe starke Szenen. Tatsächlich haben Wenders und sein Team über Jahre tonnenweise Material gesichtet, das neben dem Vatikan auch bei Fernsehanstalten und anderen Bildproduzenten gefunden wurde. Wim Wenders produzierte und finanzierte sein emotional wuchtiges Porträt selbst. Eine Abnahme oder Einmischung durch den Vatikan sei nicht erfolgt, heißt es. Wer auf eine kritische Auseinandersetzung mit Franziskus oder gar der Kirche hofft, wird den Film hassen. Er beschwört die Kraft des naiven Guten, das der Papst selbst zu leben scheint. Was für Skeptiker ein ärgerlicher, weil wunderbar anzusehender und "fühlbarer" Werbeclip für Papst und Vatikan ist, kann den unvoreingenommenen Zuschauer tatsächlich tief berühren. Eine bessere Welt ist möglich! Wenders' Film lässt diese "verrückte" Idee realistisch erscheinen.

Von Eric Leimann

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