Filmbewertung: | akzeptabel |
Starttermin: | 13.06.2019 |
Regisseur: | László Nemes |
Schauspieler: | Juli Jakab, Vlad Ivanov, Evelin Dobos |
Entstehungszeitraum: | 2018 |
Land: | HU / FR |
Freigabealter: | 12 |
Verleih: | MFA + FilmDistribution |
Laufzeit: | 141 Min. |
Nemes schwelgt in dunklen Tönen, die Kamera saugt sich an Kleidern und Hüten fest, die - so wird einmal gesagt - das Böse verbergen. Wie schon in seinem oscarprämierten Auschwitz-Meisterwerk "Son of Saul" wählt Nemes auch hier wieder eine radikal subjektive Perspektive. Er begleitet seine junge Iris und ihre Recherchen, die immer wieder ins Leere laufen. Man rät ihr immer wieder fortzugehen und das Weite zu suchen, ahnt man doch, dass sie irgendwann dem Schicksal ihres Bruders und mehr noch dem wahren Hergang der Ereignisse auf die Schliche kommt. Der Bruder mag in revolutionäre Umtriebe verstrickt gewesen sein; ein Wahnsinniger gibt sich gar als dieser Bruder aus und bedrängt Iris in einer Szene, die einer Vergewaltigung gleicht.
"Johanna von Orléans Mitteleuropas"
Iris' Eltern hat einmal das Geschäft gehört, das immer noch ihren Namen trägt. Die Eltern kamen bei einem nicht weiter beschriebenen Brand ums Leben, Nutznießer des Unglücks ist der jetzige Besitzer, Herr Brill (Vlad Ivanov), der mit seinem Bart sofort wie der leibhaftige Kaiser Franz Josef wirkt. Mit dem Wiener Hof macht er sehr zweifelhafte Geschäfte, die gar in ein Hutmacherinnen-Casting münden, bei dem die attraktivste Dame einem Prinzen zugeführt wird.
Nicht auszudenken, was aus dem Film geworden wäre, hätte Regisseur Nemes nicht derart starke, authentisch wirkende Frauen wie die ungarischen Schauspielerinnen Juli Jakab als Iris und Evelin Dobos als resolute Geschäftsführerin des Hutladens gehabt. Nemes hatte nach eigener Aussage die Absicht, einen Film über eine Frau zu drehen, die von der Verlorenheit zur Stärke findet, "eine Johanna von Orléans Mitteleuropas". Doch leider verzettelt er sich in vagen zeitgeschichtlichen Andeutungen. Die anarchistischen Umtriebe, die durchaus gefährlich vor der Türe wüten, münden in einer Art Sturm auf ein Budapester Winterpalais. Und am Ende, auch das noch, sieht man Iris gar als Soldatin im Schützengraben.
Der Erste Weltkrieg hat den Verfall der Monarchie und ihre Dekadenz (Sadomaso inklusive!) abgelöst. Die bösen Schimären, sie haben gesiegt. Viel Symbolik und stilistischer Wille. Fließende Kamera, abrupte Schnitte, einander überlappende Geräusche, ausgesuchte Originalmusiken - und immer der suchend subjektive Blick der Kamera, die der Hutmacherin Iris stets wie eine Eule auf der Schulter sitzt. Für ein Porträt des Endes, des "Sonnenuntergangs" des alten Europa zu Beginn des Ersten Weltkriegs, ist das dann aber alles viel zu wenig.
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