"La Palma"
Filmbewertung: ausgezeichnet
Starttermin: 04.06.2020
Regisseur: Erec Brehmer
Schauspieler: Marleen Lohse, Daniel Sträßer, Daniel Lorenzo Alvarez
Entstehungszeitraum: 2019
Land: D
Freigabealter: 0
Verleih: FOUR GUYS Film Distribution
Laufzeit: 88 Min.
Beziehung, oh widerborstig Ding
"La Palma" weckt Erinnerungen. Weniger an den letzten Kanaren-Urlaub als an Maren Ade. Denn bevor die Regisseurin mit "Toni Erdmann" ihren großen Erfolg feierte, hatte sie schon mit "Alle anderen" einen exzellenten Film präsentiert, der vor elf Jahren bei der Berlinale überzeugte und wie "Toni Erdmann" über Mund-zu-Mund-Propaganda funktionierte. Birgit Minichmayr und Lars Eidinger kämpften damals als Gitti und Chris auf Sardinien um ihre Beziehung. Die Namen der Beteiligten und die Insel haben sich geändert, aber auch hier reiben sich zwei auf. Mag sein, dass sie sich einmal liebten oder zumindest verliebt waren, aber jetzt ist das Verhältnis von Sanne (Marleen Lohse) und Markus (Daniel Sträßer) sehr abgekühlt oder gar am Ende. Gebeutelt vom kaputten Wir, beschließt man einen gemeinsamen Urlaub. Eine Idee, die immer aus der Verzweiflung geboren und naheliegend ist. Heraus kommt ein Jetztzeit-Drama, das nichts auslässt.

Er ist aber auch ein Honk. Markus ist auf den alten Kanarenklassiker hereingefallen und hat La Palma und Las Palmas bei der Buchung verwechselt. Sanne rollt mit den Augen, würde am liebsten auf dem Absatz umkehren, denn natürlich haben sie auf La Palma kein Hotel. Mit der nächtlichen Eroberung eines leer stehenden Ferienhauses verwandelt sich Markus in den charmanten Draufgänger Pablo. Er ist nun Spanier und lernt diese attraktive Rothaarige kennen. Auch das findet Sanne zunächst nicht witzig. Da Markus - und mit ihm Daniel Sträßer - diese neue Rolle jedoch sehr überzeugend spielt, knickt seine Freundin in ihrem Widerstand irgendwann lachend ein und ist mit von der Partie. Wer weiß, vielleicht kann sie sich in diesen wagemutigen und verrückten "Spanier" ja neu verlieben? Als Pablo und Alba erleben sie lustige, aufregende und peinliche Dinge.

Aus alt mach neu?

Der noch unbekannte Regisseur Erec Brehmer hat sich viel Mühe mit dem Drehbuch gegeben, man merkt, dass er die Frage nach der Beziehungsunfähigkeit stellen will und dass er wahrscheinlich keine endgültigen Antworten bieten wird. In seinem Kinodebüt durchforstet er die dunklen Ecken der Zweisamkeit, verweilt gefühlt immer lächelnd bei den besonders gemeinen Seiten und lässt trotz viel Charme und Lust auf Komödie tief blicken. Er bündelt so viele Aspekte, dass er mit "La Palma" fast eine Beziehungsbibel erschafft.

Der Sprengstoff ist unendlich. Wenn sich die beiden "neu" kennenlernen, bietet es sich an, über den alten Partner - und das sind sie selbst - ordentlich zu lästern. Mit viel Fingerspitzengefühl macht sich der junge Regisseur an die Arbeit, um Ansatzpunkte zu liefern. Er hat so viele Gedanken zum Thema, und er setzt sie durchdacht um. Ankreiden kann man ihm die etwas konstruierte Ausgangslage, auf der falschen Insel anzukommen, aber das ist nach zehn Minuten vergessen.

Die Schwächen der Protagonisten werden ausgelotet, ohne darauf herumzuhacken, Humor kommt und geht, und immer wieder verfängt man sich im Alltag. Brehmer hatte Glück, dass sein tadelloses Drehbuch von zwei achtsamen, sehr interessanten Schauspielern umgesetzt wurde. Bei Maren Ade war das 2009 auch der Fall. Es wäre den Beteiligten zu wünschen, dass sich Geschichte wiederholt. Filme, die vom Scheitern erzählen, öffnen den Beteiligten oft die Tür zum Erfolg. Brehmer arbeitet immerhin bereits an einem neuen Projekt, Marleen Lohse ist mit vielen TV-Produktionen beschäftigt, und Sträßer, vom Typ Eidinger durchaus ähnlich, ist ohnehin schon Mitglied im Ensemble des Wiener Burgtheaters und seit Kurzem "Tatort"-Kommissar in Saarbrücken. Aber mehr geht ja immer.

Von Claudia Nitsche

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