Zum Tod von Joseph Vilsmaier
Die Heimat im Blick
"Sollte ich mal mit 100 Jahren sterben, wäre es schön, wenn der Oscar im Schrank stünde", hat Joseph Vilsmaier einmal gesagt. Die Anerkennung Hollywoods erfuhr der Münchner zwar nicht, dafür aber die seiner Heimat. Bayerischer Verdienstorden, zweimal der Bayerische Filmpreis, und noch wichtiger: die Anerkennung des Publikums. "Herbstmilch", "Comedian Harmonists" - Vilsmaier drehte einige der erfolgreichsten deutschen Filme der letzten Jahrzehnte. Am Dienstag verstarb der Regisseur und Kameramann im Alter von 81 Jahren. "Ein großer bayerischer Filmemacher, der die Zuschauer begeistern konnte", würdigte ihn der bayerische Ministerpräsident Markus Söder auf Twitter. "Als vielseitiger Künstler gab er dem Heimatfilm neue Richtung und Schwung."

Alle 20 Jahre, so stellte Vilsmaier einmal fest, habe bei ihm ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Mit 20 fing er bei der Bavaria an, die er noch Jahre später liebevoll "meine Mutterfirma" nannte. Mit 40 gab er dort seine unkündbare Stellung als Kameramann auf und präsentierte ein paar Jahre später mit "Herbstmilch" seine erste Regiearbeit. Und zum 60. kündigten sich wieder Veränderungen an: Er produzierte den Film "Straight Shooter", mit Dennis Hopper in der Hauptrolle. Da war Hollywood dann auf einmal doch ganz nah. Hopper, erinnerte sich Vilsmaier nach Ende der Dreharbeiten im Gespräch mit der Nachrichtenagentur teleschau, habe "sich bei uns sauwohl gefühlt".

Joseph Vilsmaier kam 1939 in München zur Welt. Schon während seiner Ausbildung beim Schwabinger Kamerahersteller Arri kam er mit der Filmwelt in Kontakt, widmete sich aber zunächst seiner zweiten Leidenschaft, der Musik. Vilsmaier studierte Klavier, spielte in einer Jazz-Band. Mit Anfang 20 ging er dann nach Geiselgasteig zur Bavaria, stand für die Serie "Auf Achse", den "Tatort" und Dieter-Hallervorden-Komödien hinter der Kamera. Ins Regiefach wechselte Vilsmaier erst spät, im Wendejahr 1989 kam seine Literaturverfilmung "Herbstmilch" in die Kinos, mit seiner Ehefrau Dana Vávrová in der Hauptrolle. Der Film war ein Erfolg, trotz schwieriger Drehbedingungen. "Da hatte ich noch keine Produktionsfirma und musste alles selbst vorbereiten", erinnerte sich Vilsmaier.

Lebensthema deutsche Geschichte

Mehrmals beschäftige sich Vilsmaier in seinem Filmen mit der deutschen Geschichte, nicht nur in "Herbstmilch", der Lebensverfilmung der Bäuerin Anna Wimschneider. Auch seine nächsten Filme, "Rama Dama" (1991) und vor allem "Stalingrad" (1993) thematisierten den Zweiten Weltkrieg. Vor allem "Stalingrad" aber spaltete die Kritiker - von einer Verharmlosung des Faschismus war sogar die Rede. Ein Vorwurf, den Vilsmaier weit von sich wies. Fürs ZDF inszenierte er Jahre später den Untergang der "Gustloff", der "Stern" sprach von "Vilsmaiers Nazi-Traumschiff", große Unterhaltung sei ihm wichtiger gewesen als ein moralisches Urteil. Wieder verteidigte sich Vilsmaier, die Kritik schmerzte ihn.

1997 drehte er seinen wohl bekanntesten Film, "Comedian Harmonists". Mehr als drei Millionen Kinobesucher sahen, wie Vilsmaier die Geschichte der Berliner Gesangstruppe, die in den 1920er-Jahren das Land begeistert hatte, interpretierte. Drei Jahre später setzte der Regisseur mit dem Biopic "Marlene" einer anderen deutschen Ikone ein Denkmal - der Dietrich. Katja Flint sang am Ende des Films "Sag mir, wo die Blumen sind ..."

Seit seinen Anfängen stand Vilsmaier vor und hinter der Kamera seine Frau Dana Vávrová zur Seite. "Dana hat als Löwin ihren eigenen Kopf", sagte Vilsmaier liebevoll über seine 2009 verstorbene Partnerin. Wegen ihrer drei Töchter versuchten sie, die Dreharbeiten in die Ferien zu legen und den Nachwuchs immer mitzunehmen. Nach Vávrovás Tod lebte Vilsmaier bis zuletzt mit seiner Lebensgefährtin Birgit Muth zusammen.

In den letzten 20 Jahren widmete sich Joseph Vilsmaier immer wieder seiner Heimat, drehte das Alpendrama "Bergkristall", verfilmte Reinhold Messners Expedition zum Nanga Parbat sowie "Die Geschichte vom Brandner Kaspar". In der Kinodokumentation "Bavaria - Traumreise durch Bayern" zeigte er den Freistaat aus der Vogelperspektive. Wer braucht Hollywood, wenn er die Alpen vor der Haustür hat?

Von Sven Hauberg

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