Filmbewertung: | ausgezeichnet |
Starttermin: | 19.01.2017 |
Regisseur: | Kenneth Lonergan |
Schauspieler: | Casey Affleck, Michelle Williams, Kyle Chandler |
Entstehungszeitraum: | 2016 |
Land: | USA |
Freigabealter: | 12 |
Verleih: | Universal |
Laufzeit: | 138 Min. |
Der Film selbst wurde bei den 74. Golden Globe Awards nicht ausgezeichnet, aber Casey Affleck, da war man sich einig, konnte man nach der Leistung nicht mit leeren Händen gehen lassen. Und dabei war er nicht mal erste Wahl für die Rolle - Matt Damon hätte sie bekommen sollen. Das sei er gewohnt, sagte der Ostküstler in einem Interview, der es liebt, auf Kleinigkeiten herumzukauen, manchmal auch herumzuhacken. Ob er die Dinge ernst meint oder gerade einen Witz macht, lässt Casey Affleck gerne in der Schwebe.
Der Mann, der mit seinem wilden Bart derzeit wie einer Grunge-Band entsprungen aussieht, möchte nicht in Schubladen gesteckt werden. Natürlich, welcher Schauspieler will das schon? Doch im Gegensatz zu vielen lamentierenden Kollegen wird er selbst aktiv und lässt seiner Aussage entsprechende Taten folgen. Denn er hat das Business verstanden: "Es ist schwierig." Daher geht er folgendermaßen an seine Arbeit heran, erklärte der zweifache Vater in einem Interview: "Manchmal stelle ich mir vor, dass der Film, den ich drehe, der letzte ist. Das mag nicht unbedingt realistisch sein", aber es lässt ihn vorsichtig zu Werke gehen. Und wer achtsam arbeitet, ist auch der bessere Schauspieler. "So kann ich vielleicht eine Karriere aufbauen, mit der ich zufrieden bin. Langsam, Film für Film."
"Manchester by the Sea" eignet sich dafür besonders, könnte ein Meilenstein werden in der Karriere des Casey Affleck. Kannten die Zuschauer früher zwar das Gesicht, aber nicht den Namen des umtriebigen Arbeitstiers, gehört der Schauspieler laut "Time Out Magazine" nun der "Liga der Giganten" an. Man steht nicht alleine da, wenn man von der "besten Leistung seiner Karriere" spricht. Die Darstellung eines gebeutelten jungen Mannes, das ist perfekt für den Familienmenschen, dessen Ehe mit Kollegin Summer Phoenix nun nach zehn Jahren gescheitert ist. Er versteht es, einen blassen Mann zu spielen, bezaubert mit Nuancen.
Casey Affleck hat das gleiche Träumerische wie Ryan Gosling, auch wenn ihm noch nicht dessen Karrieresprünge glückten. Diesen Zug findet man auch bei Joaquin Phoenix, der 1995 sein Filmpartner bei Gus Van Sants "To Die For" war, Afflecks erstem großen Film nach diversen Schultheaterproduktionen. Affleck und Phoenix wurden Freunde, 2006, als Affleck Joaquin Phoenix' Schwester ehelichte, sogar Familie. 2010 schließlich schickten sie sich an, die Medienwelt gemeinsam an der Nase herumzuführen.
In seinem Regiedebüt "I'm Still Here", einer raffinierten Fake-Doku, schickte Casey Affleck den Schwager medienwirksam auf eine Tour de Force. Weit im Vorfeld des Films lancierten sie die Nachricht, dass sich Phoenix als Schauspieler zurückziehe, um Musiker, genauer Rapper, zu werden. Die Lüge verpflanzte Affleck aus der Realität in einen besoffenen Film voller verwackelter Bilder und schiefer Dialoge. Nervenzehrend, aber es ging um den doppelten Boden. Er war Drehbuchschreiber und Regisseur, und die Produktionsfirma heißt nicht umsonst "They are going to kill us"-Productions, also "Sie werden uns umbringen"-Filme. Solche finanziell desaströsen Taten reizen den Tierschützer und Veganer, das Spiel mit der Wirklichkeit auf den Höhepunkt zu treiben. Jetzt spielt er selbst einen unberechenbaren Typen, dem alles egal ist. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.
Das Drehbuch ließ wenig Raum für Notizen, schließlich ist Regisseur Kenneth Lonergan in erster Linie als Skriptautor ("Gangs Of New York") bekannt. Daher musste man da nicht mehr groß gemeinsam workshoppen, erklärte Affleck in einer Fragerunde zum Film: "Es saß jede Zeile im Skript, das ich las. Das hat Kenneth Lonergan vorbereitet und entwickelt, bevor da irgendjemand dazukam." Redebedarf habe es gegeben über die Hintergründe seiner schwierigen Rolle - und das waren Lektionen für ihn. Es schwingt Dankbarkeit mit in seiner Stimme, und Zufriedenheit, wenn er das sagt. Sich da hinzubekommen, das war die Forderung des Schauspielers an sich selbst. Mit besten Aussichten auf noch mehr Auszeichnungen wären viele am Ziel ihrer Träume. Nicht Casey Affleck: "Ich bin nicht sicher ob ich das will - zeit meines Lebens Schauspieler sein".
Umso schöner die Bescheidenheit, die er an den Tag legt: "Filme werde von so vielen Menschen gemacht, da ist man voneinander abhängig, und eine gute Schauspielerleistung ist nicht Verdienst des Schauspielers." Die Anerkennung gehöre "zur Hälfte dem Regisseur".
Golden Globe hin oder her, den geraden Weg wird Casey Affleck niemals gehen. Seine Anerkennung ist ja nicht vom Himmel gefallen. Vor neun Jahren war der Mann aus Massachusetts als bester Nebendarsteller für den Film "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" bereits für den Oscar nominiert. Doch Casey Affleck machte im Anschluss, was er wollte - anders als sein großer Bruder Ben, der sich von den Studios lange Zeit zum Posterboy machen ließ. Und an dieser Stelle ganz bewusst erst ganz zum Schluss erwähnt wird.
Suche
Impressum
Das Kinomodul der teleschau verbindet hochwertige Kritiken, Interviews, News und Trailer mit regionalen Kinodaten.
Die technische und inhaltliche Pflege übernimmt teleschau für Sie. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme:
teleschau - der mediendienst GmbHLandsberger Straße 336
D-80687 München
Tel.: +49/89/143419-0
marketing@teleschau.de
Web: http://www.teleschau.de
Impressum: Impressum